Bodenprofil vom Kreuznacher Mönchberg (Nahe); Foto: Weingut S.J. Montigny
Bodenprofil vom Kreuznacher Mönchberg (Nahe); Foto: Weingut S.J. Montigny

Weine vom Löss

 

So kommt der Löss ins Glas

Löss ist eine kalkhaltige Ablagerung des Windes. Dieser „Staub der Eiszeit“ bildet einen der besten Nährböden und ist Basis sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen weltweit. Was taugt der Segen im Weinbau?

Text: Michael Hornickel

Buntsandstein, Schiefer, Granit ... Klingt ja alles sehr spannend und ist auf vielen Weinetiketten zu lesen. Aber Löss? Wie gewöhnlich! Klingt nach Kartoffel-Acker. Das soll gut für Wein sein? Löss ist allgegenwärtig und bedeckt etwa zehn Prozent der Erdoberfläche. Er prägt vorwiegend in gemäßigten Klimazonen viele Weinbaugebiete, in Deutschland besonders Rheinhessen und die Pfalz, also die Oberrheinische Tiefebene, die Baden einschließt. In diesem 300 Kilometer langen und 40 Kilometer breiten Tiefland spielt Löss auf etwa der Hälfte beziehungsweise bis zu zwei Dritteln der jeweiligen Rebflächen eine entscheidende Rolle.

So entstand Löss

Löss ist eine hellgelblich-graue, kalkreiche Ablagerung des Windes, die durch die Verwitterung, vor allem in den ungemütlichen quartären Kaltzeiten, aus Gesteinen in Schotterebenen, Endmoränen oder Kältewüsten entstand. Nicht umsonst soll der Name Löss (laut einigen Quellen) von Äolus, dem römischen Gott des Windes, abgeleitet worden sein. Andere Quellen beziehen sich auf das alemannische „lösch“, was lose oder locker bedeutet. Mächtige Lössdecken wurden fast überall auf die Landschaft geweht und lagerten sich, ähnlich einer Schneeverwehung, im Windschatten ab. So kann man sich auch gut vorstellen, warum bedeutende Erhebungen wie etwa der Schwarzwald oder der Harz lössfrei sind. Am Rande der Erhebungen hingegen und natürlich in den Ebenen bildeten sich unterschiedlich dicke Löss-Schichten, von allgemein meist wenigen Metern bis hin zu rekordverdächtigen 20 Metern im Kraichgau oder gar 40 Metern am Kaiserstuhl.


Diese Böden, die sich beim Reiben zwischen den Fingern mehlig anfühlen, unterliegen ständigen Veränderungen. Zwischenzeitlich wurden sie längst von einer Pflanzendecke und ihren Verwitterungen bedeckt, die sie immer weiter verändert. Sie verlehmen. Oft liegt deshalb das feinkörnige Sediment verborgen im Untergrund, ein Phänomen, das manchmal in tief eingeschnittenen Hohlwegen sichtbar wird. Dort kann man erkennen, wie homogen, unverfestigt und porös Löss ist. Er besteht zum großen Teil aus sogenanntem Schluff, einer Art Feinboden kleiner Körnchengröße (im Durchmesser zwischen leichtem Sand und schwerem Ton angesiedelt). Mineralisch an ihm ist vor allem der hohe Gehalt an Quarzkörnern und, in geringeren Anteilen, kalkigen Bruchstücken. Eisenhydroxide färben ihn manchmal gelblich-rot. So ist der Staub der Eiszeit einer der besten Nährböden für landwirtschaftliche Nutzung und den meisten Weinbergsböden untergemischt.

Die relativ jungen Lössböden (Pleistozän, vor circa 300 000 bis 15 000 Jahren) sind humusreich und speichern gut das Wasser, was man sich selbst als Laie bei einem lehmigen Boden vorstellen kann und vor allem in trockenen Jahren ein Riesenvorteil ist. Während dem viel älteren Buntsandstein (Trias, vor circa 250 bis 200 Millionen Jahren) schlanke, rassige Rieslinge zugeschrieben werden, wachsen auf Löss und Lehm kräftige, körperreiche Weine mit fruchtigem Bukett. Sicherlich liegt der Körperreichtum der Löss-Weine an der Tiefgründigkeit dieser Böden, die zudem gut durchwurzelbar sind. Ihre Lockerheit macht es den Reben leicht, ihre Wurzeln in die Tiefe zu treiben. Sie nehmen dann auch insgesamt viel Raum ein und können aus dem Vollen und der Tiefe schöpfen. Zudem sind Lössböden schnell erwärmbar und dabei ausreichend durchlüftet. Ihre Fruchtbarkeit versorgt die Rebe mit allem, was sie braucht, wodurch fast füllige Weine entstehen mit, je nach Kalkgehalt, intensivem Aroma in alle möglichen Fruchtrichtungen. Bei Verkostungen werden oft die Aromen von Pfirsich (das klassische Aroma eines reifen Rieslings) und tropischen Früchten zitiert, was aber mehr mit der Kellertechnik, etwa der Wahl der Hefen, zusammenhängt als vom Boden stammt.

DIE VERKOSTUNG

Um uns dem Löss anzunähern, verkosteten wir über 300 Weine, im Wesentlichen trockene Weiß- und Grauburgunder, Chardonnay und Riesling aus Pfalz, Rheinhessen, Baden und Nahe sowie 80 spannende Grüne Veltliner aus Österreich, der sich auf dem Lockergestein besonders wohl zu fühlen scheint. Auf den Etiketten von immerhin 50 Probeflaschen wurde auf den Bodentyp hingewiesen: neben schlicht „Löss“ oder „vom Löss“ wurde auch schon mal „vom Lösslehm“, „Lössriedel“, „Lössterrassen“, „Lösshügel“ oder „Lösskindl“ formuliert. Dieser Hinweis auf den Herkunftsboden scheint vor allem bei den Pfälzer Winzern beliebt zu sein. Sie stellten dabei fast zwei Drittel dieser mit „Löss“ gekennzeichneten Proben. Schließlich sind ihre Weine ja auch für eine kräftige Saftigkeit, die man durchaus dieser Bodenbeschaffenheit zuschreiben kann, bekannt.

Der fruchtbare Lössboden versorgt die Rebe großzügig mit allem Notwendigen. Ein klares Aromenprofil lässt sich dabei nicht herausschmecken, dafür zeichnen sich recht klar einige Geschmackseindrücke ab. Am häufigsten zitiert wurde der Körperreichtum oder die Kraft der Weine. Es wurde sogar die Frage aufgeworfen, ob auf allzu fruchtbarem Löss überhaupt ein großer Wein wachsen könne. Die Finesse und das ganz Klare fehle. Man merke vor allem die Wucht. Allgemein wird den Löss-Weinen ein gutes Reifepotenzial bescheinigt.

 

Folgende Assoziationen und Erkenntnisse wurden zu Weinen vom Löss notiert:

Farbe:

  • keine spezielle Charakteristik, und wenn, dann eher dunkler

Geruch:

  • in der Jugend verschlossen
  • fruchtbetont
  • keine spezifischen Aromen
  • weißer Pfeffer (Grüner Veltliner)

Geschmack:

  • warm, voluminös
  • kräftig, wuchtig, füllig
  • vollsaftig, extraktreich, stoffig
  • eher weich, ausgewogene

Säure:

  •  dezente Herbe

 

 

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