Foto: Weingut Heinrich Spindler
Foto: Weingut Heinrich Spindler

Weine vom Buntsandstein

SO KOMMT DER BUNTSANDSTEIN INS GLAS

Wie schmeckt Wein vom Sandstein? Sind gemeinsame Geruchs- und Geschmacksmerkmale erkennbar? Wir wollten es genauer wissen und verkosteten rund 100 Weine von Buntsandstein geprägten Böden.

Text: Michael Hornickel

„Buntsandstein“ steht auf vielen Etiketten. Dabei ist gar nicht klar, worum es hier eigentlich geht. Was Sandstein ist, kann man sich noch vorstellen, vor allem wenn man mal auf Helgoland, im südlichen Spessart, im Ahr- und Maintal oder im Pfälzer Wald wandern war. Hier tritt er deutlich an die Oberfläche und sieht wirklich aus wie stark zusammen gepresster, komprimierter Sand. Und wenn man daran kratzt, rieselt er tatsächlich herunter. Zudem gibt es das Gestein in unterschiedlichen Farben, von hell und Beige über Gelb und Rot bis Hellbraun, ist also „bunt“. So weit, so gut. Nun wird es etwas verwirrend, weil der Begriff „Buntsandstein“ einerseits für diese meist mehrere hundert Meter dicke Gesteinsabfolge steht, andererseits aber zudem eine Bezeichnung für ein Erdzeitalter ist. So stand Buntsandstein lange Zeit für die früheste Abteilung des Trias (vor rund 200 bis 250 Millionen Jahren), die aus der Zeitabfolge des Buntsandsteins, dann Muschelkalk und schließlich Keuper besteht. Wer in der Schule aufgepasst hat, wird sich vielleicht noch daran erinnern. Leider gilt diese Zeiteinteilung heute als veraltet und ist nur im Germanischen Becken nachvollziehbar. Da auch Geologen versuchen, sich international zu einigen, wurde die Trias in Unter-, Mittel- und Obertrias unterteilt, was mit den Grenzen von Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper aber nicht übereinstimmt. So steht Buntsandstein nicht mehr für die Zeiteinheit des Untertrias, sondern nur mehr für die untere der drei lithostratigraphischen Gruppen (heißt: räumliche und strukturelle Gliederung von Gesteinseinheiten) der germanischen Trias.Entstanden ist das Ganze vor rund 245 Millionen Jahren. Während der Trias herrschte ein extrem heißes und trockenes Klima, selbst die Polarregionen waren frostfrei. Im germanischen Becken lagerte sich in zahlreichen Flüssen und flachen Binnenseen Sand und Ton ab. Die mächtigen Sanddünen und vertrockneter Flussschlamm verfestigten sich dann mit den Jahrmillionen zum, meist rot gefärbten, Buntsandstein.

Diese Sandsteine und deren Verwitterungen sind in vielen Weinbaugebieten zu finden, in Deutschland eigentlich in allen, selten allerdings in denen um das Rheinische Schiefergebirge (Mosel, Mittelrhein). Am meisten ist Buntsandstein in der Pfalz ein Thema. Hier ist Sandstein allgegenwärtig. So bildet er das Massiv des Pfälzer Waldes. Aus diesem Grund sieht man zahlreiche Sandstein-Brüche entlang des Haardtrandes, wie der Übergang von der Erhebung des Pfälzer Waldes zur Rheinebene hin genannt wird, an dem die Steine etwa für den Häuserbau gewonnen werden. In jedem Dorf sind solche Häuser und Toreinfahrten zu bewundern, entweder in rotem oder gelbem Sandstein, der vor hundert Jahren noch handgehauen in verbaubare Form gebracht wurde. Der Speyrer Dom dürfte hier der renommierteste Zeuge des roten Sandsteines sein.
 

Buntsandstein Elsass; Foto: Renate Weber
Buntsandstein Elsass; Foto: Renate Weber
Buntsandstein Pfalz; Foto: Renate Weber
Buntsandstein Pfalz; Foto: Renate Weber

Nun gibt es auch in der Pfalz kaum reine Buntsandstein-Lagen. Das DLR-Rheinpfalz spricht in einem Artikel von lediglich 30 Hektar, wovon die Hälfte allein auf die Steil- und Terrassenlage Wingertsberg in St. Martin entfallen soll. Zudem gibt es keinen Weinberg, der nur aus einer Gesteinsart besteht, vielmehr ist es immer ein mehr oder weniger stark gewichtetes Gemisch aus Meeres-, Fluss-, Wind-, Wüsten- oder Hangablagerungen. So sind Löss, Lehm, Kalkstein, Mergel, Tonschiefer oder eben Buntsandsteinverwitterungen und andere Gesteins- und Bodenarten wie zufällig über die gesamten Rebflächen von Schweigen im Süden bis Bockenheim im Norden eingestreut. Den Großteil stellen Löss- und Lösslehmböden, sozusagen der Staub der Eiszeit, die weiter in die Ebene reichen, ähnlich wie die Kiese, Sande und Tone des Ur-Rheins. Auch das erscheint logisch. Rote Ton- und Sandsteine, Mergel (eine Art Plankton-Schlamm) oder seltenere Tonschiefer hingegen schlängeln sich entlang des Haardtrandes, wo die meisten Top-Weinlagen anzutreffen sind.

Bei fast allen diesen Lagen taucht Buntsandstein unterschiedlichst dosiert als Bestandteil der Bodenzusammensetzung auf. Ein Boden besteht aus mineralischer (durch Gesteinsverwitterung) und organischer (Humus) Substanz, mit dabei sind Bodenlebewesen sowie Wasser und Luft. Wenn bei der Beschaffenheit der Weinbergsböden explizit von Sandstein die Rede ist, dann meist von rotem. Seine Farbe erhält er durch Eisenoxide. In der Pfalz soll er auf rund 550 Hektar (von rund 23 500 Hektar) anzutreffen sein. Aber auch in den Anbaugebieten Franken, Nahe, Baden, Rheinhessen und anderen ist Buntsandstein ein Thema, nicht zu vergessen das benachbarte Elsass. Aus sieben Anbaugebieten haben wir Weine probiert, die Hälfte der Proben stammte dabei aus der Pfalz.

WIE SCHMECKEN WEINE VOM BUNTSANDSTEIN?

Die mehr oder weniger sandigsteinigen Böden aus Buntsandstein-Verwitterung verlangen der Rebe einiges ab. Sie halten nicht besonders gut das Wasser, sind also trocken und zudem nährstoffarm. Die Nährstoffe werden leicht ausgespült. Der Untergrund, der meist steinig ist, wenn nicht gar felsig, ist schwer durchwurzelbar. Ein Vorteil ist allerdings die gute Durchlüftung und damit eine gute Erwärmbarkeit der Böden, was wiederum die Reifung fördert. All diese Faktoren üben einen großen Einfluss auf die Traubenqualität und somit auf die Ausprägung des Weines aus. Nun lässt sich ein Buntsandstein-Wein nicht eindeutig definieren, denn dafür hängt die Entwicklung der inhaltlichen Werte einer Traube zu stark vom Wetter und der Weinbergsarbeit ab: Rebschnitt, Erziehungsmethode, Bodenbearbeitung, Bodenernährung und vieles mehr verändern die Weine in unzähligen Kombinationsmöglichkeiten. Das Gleiche gilt für alle Handgriffe im Keller, die jeweils den Wein in eine bestimmte Richtung lenken.

So lassen sich anhand der Verkostung von rund 100 Weinen allenfalls Tendenzen herausschmecken. Oft wurden helle Früchte und Zitrusaromen notiert, bei jungen Weinen helle Blüten, bei weniger reifen Gewächsen grünes Gras. Gerne wird den Weinen vom Buntsandstein eine prägnante Säure zugeschrieben, was aber wiederum stark von den Niederschlägen abhängt und dem Wasserhaushalt im Boden. Aber eine gewisse Geradlinigkeit wird immer wieder gerne notiert, sicherlich ein wesentliches Merkmal der Rieslinge vom Buntsandstein. Auch sind sie Frühentwickler, also schneller trinkreif.

Folgende Assoziationen wurden zu Buntsandsteinweinen oft notiert:

Nase:

  • helle Blüten, grünes Gras
  • klare Frucht im Vordergrund
  • eher dezent helle als opulent gelbe Frucht
  • frischer Zitrusduft, Grapefruit

Gaumen:

  • geradlinig, markante Säure, spritzig
  • hartes Mundgefühl, salin
    Wie immer sind dies selbstverständlich subjektive Eindrücke, die auch anderen Ursprungs sein können, aber oft bei Buntsandstein-Weinen auftauchen.

Exkurs Mineralität

Befassen wir uns allgemein mit dem Thema Wein und Stein kommt automatisch das Attribut „mineralisch“ ins Spiel. Dabei weiß keiner so genau, was das ist und ob es so etwas wie „Mineralität“ im Wein überhaupt gibt. Umfassend erforscht ist das Thema nicht, somit existiert auch keine exakte Definition (zumindest in Bezug auf Wein). Das Wort bezieht sich in der Weinansprache auf einen sensorischen Eindruck, der aus dem Boden, der Bodenbeschaffenheit, im weitesten Sinne also vom Terroir stammen soll. Diese Erdverbundenheit in Bezug auf den Ausdruck eines Weines ist stark positiv besetzt und wird deshalb gerne verwendet.

Wie erfassen wir mineralisch erscheinende Attribute?

Geruch: Feuerstein (Chablis, Sancerre, manche Rieslinge ...), Kreide (Champagne), Kalk (Burgundersorten vom Muschelkalk), Silex (Sauvignon Pouilly Fumé), Petrolton, rauchig-metallische Noten (Schiefer-Riesling), bisweilen Jod, Saline, Naphthalin, Eisen, Erde – oder Schiefer gar selbst.

Geschmack: Mineralität ist auch (oder vor allem?) ein Mundgefühl; kühl, frisch, griffig, salin ... in der Mundmitte, am deutlichsten im Abgang zu spüren.

Mineralität könnte fälschlicherweise auch aus der Interaktion der Grundgeschmacksrichtungen entstehen, also geschmacklicher und taktiler Eindrücke, allen voran Säure und Bitternoten, auch Temperatur und Adstringenz, die alle bei richtigem Zusammenspiel ein erfrischendes Gefühl von Kühle und appetitlicher Salzartigkeit transportieren. Am Ende ist Mineralität also subjektiv – sodass dieser Beitrag höchstens Denkanstöße liefern kann.

Und jetzt freuen Sie sich auf spannende Weine vom Buntsandstein, die wir unten vorstellen.

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