Top 200: Deutsche Rotweine

br />Spätburgunder ist Trumpf! Ihn schickten die Winzer am liebsten ins Rennen. So stellte bei unserer Verkostung die deutsche Vorzeige-Sorte denn auch 40 Prozent der Proben. Die zweitstärkste Beteiligung kam dann nicht von einem weiteren Rebsortenwein, sondern von Cuvées, die rund zehn Prozent der Anstellungen ausmachten. In ihnen war der Spätburgunder beliebtester Cuvée-Partner, knapp vor Dornfelder und den verschiedenen Cabernet-Varianten. Die zweite Hälfte der Verkostung wurde von weit über einem Dutzend Rebsorten bestritten: Klassiker, Neuzüchtungen oder importierte Renommiersorten. Rebsortenrein folgte auf den Spätburgunder der Dornfelder, allerdings nicht so prominent wie sein großer Rebflächenanteil vermuten lässt, sondern in der Verkostung nur mit einer knapp neunprozentigen Beteiligung. Es folgten Klassiker wie St. Laurent und Lemberger, die eine Renaissance erleben (je um sechs Prozent). Auch Frühburgunder und Schwarzriesling sind wieder im Gespräch, während ein anderer, in Ungnade gefallener Klassiker, der Portugieser, vielfach weinbaulich und kellerwirtschaftlich aufgewertet wird. So waren es auch die Klassiker, denen die meisten Punkte zuerkannt wurden. Neuzüchtungen, ob mehr oder weniger aktuell, wie eben Dornfelder, Regent, Domina oder die Cabernet-Varianten, hatten es schwerer, hohe Bewertungen einzuheimsen. Und unter den internationalen Renommiersorten scheint der früh reifende Merlot in deutschen Landen besser zu gedeihen als Cabernet Sauvignon. Seine selten wirklich reifen Tannine werden gerne in Cuvées durch andere Sorten etwas abgemildert.

Die ganz hohen Bewertungen blieben bei dieser Verkostung aus. Das lag daran, dass wir die allseits bekannten Top-Gewächse auch ganz bewusst gar nicht ausgeschrieben hatten. Denn wir wollten nicht streng limitierte Feiertagsweine mit dominanter Holzwürze und exzessiver Konzentration präsentieren, die meistens erst nach Jahren der Lagerung im privaten Weinkeller wahre Trinkfreude vermitteln, sondern Genussweine für das Hier und Jetzt – trocken und ohne Barriqueausbau. Weinfreunde können sich die Hände reiben, denn selbst für weniger als einen Fünf-Euro-Schein gibt es hier ordentliche Rote. Wir haben sie in einer Rubrik zusammengefasst. Im Allgemeinen ist die Vielzahl gepflegter Rotweine aus Deutschland erstaunlich. Über die Hälfte der Proben bekam mindestens einen Stern, den zweiten konnten allerdings nur noch knapp 15 Prozent der 500 Roten vom Himmel holen, drei Sterne waren schließlich die Ausnahme, dafür fehlt es in der Regel an Tiefe und Erdverbundenheit. Deutsche Rotweine sind meist gepflegt, fruchtbetont und rund, oft aber etwas zu brav. Es fehlt ihnen die gewisse Verruchtheit. Mehr verrauchte Stimme als Operette, mehr Leder als Dirndl. So kommen auch eher die dezenter ausgebauten kühler Lagen (Ahr, Rheingau …) in die höheren Bewertungen.