DIE SONNE SCHIEN und es war ungewöhnlich warm, als wir mit unseren Koffern aus dem Flughafengebäude traten, und wir beglückwünschten uns für unsere Entscheidung, den frühen Flug nach Dublin gebucht zu haben: Das würde ein wunderbarer erster Urlaubstag werden! Ein Shuttlebus brachte uns zur Station des Autovermieters. Er hielt vor einer Art Container, vor dem etwa 120 Menschen auf und zwischen ihren Koffern saßen, junge Frauen, Kinder, viele Kinder, kaum Männer. Die standen alle drinnen. In einer langen Schlange, vor acht verwaisten und drei besetzten Schaltern. Hinter einem saß ein grauhaariger, distinguiert wirkender Mann. An den beiden anderen versuchten zwei junge Angestellte gemeinsam, einer holländischen Großfamilie zu erklären, dass sie die sieben Kindersitze hätte vorbestellen müssen.
Autovermietung an einem internationalen Flughafen ist ein berechenbares Geschäft: Über 99 Prozent der Buchungen erfolgen weit im Voraus. Weil die Vermieter außerdem wissen, mit welcher Maschine welche Kunden anreisen, können sie ihr Personal dementsprechend einplanen: Länger als zehn, fünfzehn Minuten muss es nicht dauern. Wenn nicht gerade ein Fehler beim Dienstplan dazwischen kommt. Oder so eine blöde Magen-Darm-Geschichte. Vier plötzliche Kündigungen. Oder vielleicht einfach nur das schöne Wetter.
Eine halbe Stunde später war die Schlange einen knappen Meter nach vorne gerückt. Der grauhaarige Mann hatte einen Großteil der Zeit damit verbracht, einem Paar aus Lettland zu erklären, dass er einen gültigen Führerschein sehen müsse. Doch, das sei so. Unbedingt. Anschließend hatte er einem Amerikaner versichert, dass die Deckung seiner Kreditkarte nicht ausreiche. Seine beiden Kollegen waren noch immer mit der holländischen Großfamilie beschäftigt, deren gebuchter Van offenbar nur Platz für sieben Personen bot und nicht für neun. Die Kinder hatten zuerst Nachlaufen gespielt; mittlerweile schlugen drei von ihnen mit Plastikschwertern aufeinander ein. Die anderen heulten. Draußen hielt der Shuttlebus und brachte neue Kunden.
Weitere zwanzig Minuten später: Wir waren fast zwei Meter vorgerückt. Mittlerweile brüllten auch etliche andere Kinder, drinnen wie draußen. Der Amerikaner telefonierte mit seiner Bank, und damit alle anderen mithören konnten, hatte er den Lautsprecher seines Handys aktiviert. Der Grauhaarige hatte ihn ein Stück weit zur Seite schieben können und kümmerte sich um zwei Chinesen, deren Wunschauto nicht zur Verfügung stand. Er sah mittlerweile leicht bekümmert aus. Seine Kollegen hatten die Großfamilie kurz allein gelassen, saßen draußen in der Sonne und rauchten.
Eine weitere halbe Stunde später erlitt die holländische Mutter eine Art Nervenzusammenbruch. Sie drehte sich um und schrie laut, dass alles ihre Schuld sei, die Autovermietung könne nun wirklich überhaupt nichts für das Chaos, nur sie sei Schuld, nur sie allein. Während ihr Mann sie nach draußen führte, nutzten die Kinder die Gelegenheit, um mit ihren Plastikschwertern auf die beiden jungen Angestellten einzudreschen. Der Grauhaarige meinte mehr zu sich selbst, er werde sich nach Feierabend in die Sonne setzen und betrinken. Als wir dann schließlich am späten Nachmittag aus dem Hotel gingen, war der irische Sommer vorbei, und es hatte zu regnen begonnen. Vor einem Pub in der Suffolk Street saß ein Mann vor einer Flasche Wein. Der Regen tropfte von seinen grauen Haaren ins Glas. Er sah trotzdem irgendwie erleichtert aus.