2017 Riesling Hahnenberg, Achillée, Elsass, 12,5 %vol.; Foto: Leopold Fiala
2017 Riesling Hahnenberg, Achillée, Elsass, 12,5 %vol.; Foto: Leopold Fiala

Wein des Monats: September 2020

 

92 Punkte
2017 Riesling Hahnenberg, Achillée, Elsass, 12,5 %vol.

 

Das Elsass zählt ohne Frage zu den großen Klassikern unter den europäischen Weinherkünften. Top-Lagen, Rebsortenvielfalt (etwa Riesling, Weiß- und Grauburgunder oder berühmte Gewürztraminer, aber auch Pinot Noir) und eine enorme stilistische Spannweite, von knochentrocken bis extrem süß und von klassisch-clean bis naturbelassen trüb oder maischevergoren als Orange, machen die Region spannend. Bei eingefleischten Wein-Freaks und Sommeliers hatte das Elsass während der letzten Jahre trotzdem oft einen eher schwierigen Stand: Kritikpunkte waren die traditionell hohe Reife, satte Alkoholgrade, wenig Frische, süßer Schmelz und damit verbundene Schlagworte wie barock, opulent oder schwefällig-lahm. Verkostet man sich ohne Scheuklappen durch das Gebiet, dann wird schnell klar, dass dieses Klischee mitnichten stimmt. Im Elsass herrscht aktuell eine quicklebendige Dynamik – dank jungen Winzern, die den Familienbetrieb auffrischen, etablierten Größen, Experimentierfreudigen sowie erfahrenen Naturwein-Handwerkern.  

Einer der Betriebe, bei denen die junge Generation für Aufsehen sorgt, ist Achillée in der Riesling-Bastion Scherwiller. Die beiden Söhne Jean und Pierre Dietrich haben 2016 das Weingut von ihrem Vater Yves übernommen, bereits seit 2003 arbeitet man biodynamisch. Mit viel Feingefühl bewegen sich die Jungs nun noch ein paar Schritte weiter in Richtung Naturwein, jedoch stets auf der sauberen und nicht auf der derb-wilden Seite. 

Schon beim ersten Hineinschnuppern zeigt der Hahnenberg (eine steile Ostlage mit Granitböden im Untergrund, darauf eine heterogene Mischung aus Sandstein und Kalk) direkt seinen attraktiven, breiten Duftfächer: Statt einer lauten Fruchtaromatik prägen erdig-hefig-nussige Noten und Gewürze das sensorische Bild. Es reicht von Safran, Bienenwaben, Heu und Sonnenblumen über Graphit und Feuerstein, leicht mostigen Anklängen, Bratapfel und hellem Tabak bis hin zu Brotgewürz, Zimt und gesalzenen Nüssen. Probiert man einen Schluck, dann setzt sich der warme, würzige Eindruck fort, wird aber durch animierende Riesling-Säurefrische ergänzt. Geschmacklich erinnert der Hahnenberg etwas an Backwerk und Hefeteig, auch an Zitronentarte, aber ohne jegliche Süße. Gleichzeitig schwingt die Kräuterwürze (Oregano) wieder mit, bis der Wein super nussig-salzig im langen Finish ausklingt und den Gaumen mit ganz feinem, tonigen Gerbstoff umhüllt.

Trotz seines angenehm überschaubaren Alkoholgehalts bringt der Alsace-Riesling genug Stoff und Struktur mit, um als Essensbegleiter eine gute Figur abzugeben. Ob zu Caesar Salad, Saté-Spießchen (die mit Erdnuss-Sauce und Röstnoten perfekt an die Aromen des Weins andocken), hellem Fisch vom Grill (dessen weiche Textur dann prima mit dem stoffigen und zugleich zart gerbstoffgeprägten Mundgefühl des Hahnenberg harmoniert) mit oder zur klassisch deftigen Sauerkrautplatte Choucroute: So geht Elsass in modern und vielseitig! 
 

Preis: circa 29,00 €
Bezugsquelle: www.grape-times.com & www.achillée.com

Ausgabe 03/2024

Erhältlich ab 8. März: MEININGERS WEINWELT Ausgabe 03/2024

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