Investment Weinberg

Haben Sie schon mal überlegt, Ihr Geld in den Wein zu investieren? Investitionen in Reben können sowohl Rendite verschaffen als auch Spass machen. Die Möglichkeiten reichen von der Rebstock-Patenschaft bis zum Kauf ganzer Hänge.

Rebstockpacht Weingut Ress

Mit viel Geld wird das Weinbergs-Investment zum Kinderspiel. Sollte einer also ein paar Millionen auf der hohen Kante haben, könnte er, oder könnte sie, es so machen wie das Ehepaar Helga und Erivan Haub, das sein Vermögen angeblich zu einem erheblichen Teil dem Einzelhandel verdankt. Die Haubs erwarben unlängst das Weingut Abril am Kaiserstuhl, investierten zusätzlich erkleckliche Summen in eine neue Kellerei, kauften flugs Weinberge dazu. Was wiederum die Spekulation befeuerte: Gerüchteweise stiegen, schon bevor erste Verträge abgeschlossen wurden, die Preise der Parzellen ringsum deutlich an. Dass in diesem Zusammenhang von Fantasiesummen geredet wurde, dass man sich am Kaiserstuhl aberwitzige Quadratmeter-Tarife zuraunte, mag hysterisch scheinen, zeigt aber das Potenzial von Weinbergen als Investment- Instrument.

Mit wenig Geld indes wird der Kauf eines Weingutes samt Reben zum Abenteuer. Was nicht viel kostet, ist meist in keinem guten Zustand, verlangt übermenschliche Kräfte oder befindet sich gar am Ende der Welt. Da hilft dann allenfalls, klitzeklein anzufangen und sich anschließend zu vergrößern. So, wie es das Winzerpaar Konstantin Weiser und Alexandra Künstler vor einigen Jahren an der Mosel gemacht hat: Man begann 2005 mit winziger Produktion auf provisorischer Basis, weitete später aus. Oder wie es der Saar-Quereinsteiger Roman Niewodniczanski im Weingut van Volxem praktizierte: Vor gut zwölf Jahren erwarb er das alte Gutshaus in Wiltingen, brachte nach und nach alles auf Vordermann, stockte dann auf. Dass sich an Mosel und Saar besonders viele Neugierige von außerhalb für kleine und große Rebparzellen interessieren, ist mitnichten Zufall: Der vielen Steillagen wegen wurden hier in den letzten Jahrzehnten unzählige Parzellen aufgegeben, vieles fiel brach oder verwilderte, vor allem in weniger berühmten Gegenden werden einem die Weinberge bisweilen nachgeschmissen. „Die Preise für Weinbergsgelände sind extrem unterschiedlich“, seufzt Ansgar Schmitz, Chef der Mosel-Weinwerbung in Trier, „abhängig von Regionen, Lagen und Gemeinden, aber auch vom Zustand des Weinbergs“. Was maschinell zu bewirtschaften ist, kostet den Neuwinzer mehr als das, was in nicht flurbereinigten Ecken liegt und erst mühsam erklommen werden muss. „Das geht von etwa 50 Cent oder 1 Euro pro Quadratmeter bis hin zu 40 Euro und mehr“, so Schmitz.

Für letztgenannte Summe könnte man sich auch in Spitzenlagen wie der Brauneberger Juff er oder dem Erdener Prälat einkaufen – doch weil in deren Umkreis noch reichlich Weingüter wachsen wollen, ist das noble Angebot klein oder gar nicht vorhanden. Weiter in Richtung Koblenz sind die Strukturen anders, existieren kaum große, expansionswillige Güter, besteht folglich ein Dorado für alle, die sich als Freizeitwinzer versuchen wollen. „An der Mosel gibt es in vielen Orten kleine Betriebe, die keinen Nachfolger haben und daher auch für Investoren mit weniger Kapital interessant sind“, sagt Ansgar Schmitz. Nur eines sollte der, der vom eigenen Weinberg, von einer Karriere mit der Rebschere träumt, nie vergessen: Ohne Know-how geht es nicht. Wer also keine einschlägige Winzerausbildung in der Tasche hat, muss sich mit Fachleuten zusammentun, sollte sich einen Beratungswinzer suchen oder gleich auf vertraglicher Basis mit Weingütern kooperieren. Schließlich macht es wenig Sinn, sich für bloß ein paar hundert Flaschen einen Keller zu bauen, Fässer, Pressen und Abfüllanlagen anzuschaffen.

Risikofolgenabschätzung und Kooperationssuche sind umso wichtiger, je weiter sich die Investition von den deutschen Anbaugebieten fortbewegt. Erhard Heumann, der im ungarischen Villány-Siklós ein Weingut aufgebaut hat, will sich von den Problemen nicht einschüchtern lassen, rät aber investitionswilligen zur Vorsicht. Der Kauf von Weinbergen sei in Ungarn nämlich für Ausländer derzeit grundsätzlich nicht möglich. „Einzige Möglichkeit: eine offizielle Anmeldung in Ungarn sowie drei Jahre der Status als Kleinbauer“, so Heumann, „das heißt konkret, dass man Land pachten und dieses auch bewirtschaften muss“. Rechnet man dann noch sämtliche bürokratischen Hürden und alle Unwägbarkeiten dazu, denkt auch nur entfernt an die Schwierigkeiten des Verkaufs der fertigen Weine, kommt man zum Schluss, dass solche Unternehmungen nur etwas für die besonders Abenteuerlustigen sind.

 

Rebstockpachten und Genussscheine

Also, warum nicht mal ganz klein anfangen als Investor? Nicht mit einem Hektar, sondern mit einem überschaubaren Anteil? Die Moselwinzerin Sybille Kuntz erkannte bereits 1993 den Bedarf, bot bald darauf ihren Kunden die Möglichkeit, sich mit Genussscheinen am eigenen Unternehmen zu beteiligen – und ist immer noch fest überzeugt von der Investitionsmöglichkeit, bei der die Anleger wenigstens 2 500 Euro einbringen müssen und die Rendite in Form von Wein einheimsen. Die Scheine werden übrigens nach fünf Jahren fällig, sofern keine Verlängerung angestrebt wird; am Schluss entscheidet der Investor, ob er die Rückzahlung in bar oder in flüssiger Form anstrebt. Wurde am Anfang noch jährlich Wein in der Größenordnung von 7,5 Prozent der investierten Summe ausgeliefert, müssen sich die Moselfans heute mit weniger begnügen. „Es gibt nur noch 5,5 Prozent Zinsen“, sagt Sybille Kuntz, „aber das ist für die heutige Zeit immer noch viel.“ Stimmt, zumal ein Problem wegfällt, das bei Risiko-Investments in anderen Bereichen des Lebens immer mitbedacht werden sollte. Alteingesessene Weingüter gehen vergleichsweise selten Pleite; der Totalverlust der Investition ist zwar nicht ausgeschlossen, aber wenig wahrscheinlich.

Rebstockpächter bei der Arbeit

Während die Genussscheine in der Weinszene eine Rarität geblieben sind, aber in anderen Bereichen der Lebensmittelerzeugung Erfolge feiern, setzen immer mehr Winzer auf eine etwas andere Form des Geldsammelns. Rebstockpatenschaften schaffen die ultimative Verbindung zwischen Weingut und Weintrinker, dienen der Kundenbindung ebenso wie der Finanzierung von Investitionen im Betrieb. Ein bisschen Bauchpinselei darf auch nicht fehlen: Der Pächter erhält alljährlich eine Flasche Wein „seines“ Rebstocks zugeschickt, bekommt vielleicht sogar ein Namensschild an den Pfahl genagelt, könnte selbst nach dem Befinden der gepachteten Pflanze schauen oder bei der Lese mithelfen. Im Schweizer Weingut Cave du Vallon darf man den Rebstock eigenhändig pflanzen, im Rheingauer Betrieb Balthasar Ress einen Rebstock auf der Nordseeinsel Sylt(!) vormerken lassen und ansonsten für stolze 25 Jahren zuschlagen. Teuer ist das nicht: das Vierteljahrhundert in der Weinlage Hattenheimer Engelmannsberg ist schon für 279 Euro zu buchen; ein Schnäppchen, wenn man allein den Wert der jährlich übersandten Flasche hochrechnet. Geben manche Winzer unerschrocken zu, dass es ihnen mit den Patenschaften und ähnlichen Engagements um eine Alternative zum Bankkredit handelt, wollen andere von diesem Beweggrund nichts hören.

Auch Frank Maruccia hat seinen Weinverein namens „Club de vino 953“ keineswegs deshalb gegründet, um möglichst mühelos an Euros zu gelangen. „Bei mir sind die Patenschaften nicht dazu da, um die Investitionen zu ermöglichen oder zu amortisieren“, erklärt der Aussteiger, der auf Mallorca ein 1,5 Hektar großes Weingut bewirtschaftet. „Die Investitionen sind bei mir bereits erfolgt, und auch der weitere Ausbau erfolgt nicht über diese Einnahmen.“ Stattdessen, so Maruccia, gehe es darum, Gleichgesinnte und Weinenthusiasten zu sammeln. Deren Anzahl ist übrigens auf exakt 953 begrenzt, denn hier pachtet man nicht nur eine Pflanze, sondern gleich mehrere. „Es sind 953 Mitglieder, da ich jeweils Rebenpatenschaften zwischen zwei Holzpfählen vergebe; für jeweils 5 bis maximal 7 Pflanzen pro Mitglied.“ In den Gebühren von 109 Euro (für ein Jahr) oder 395 (für fünf Jahre) sind zwei bis vier Flaschen Wein pro Jahr inklusive, ein Namensschild am Holzstock auch.

 

Stunde der Vermittler

Kennzeichnung der RebstockpatenschaftSchöne Idee, aber kaum geeignet für jene, die ihr Geld nicht einem einzelnen Winzer zukommen lassen wollen und deshalb auch Aktien börsennotierter Getränkekonzerne verschmähen. Zwar setzen die meisten existierenden Weinfonds eher auf eingelagerte Originalholzkisten wertvoller Bordeaux, doch bei der MW Mosel-Weinberg-Aktiengesellschaft geht es ausdrücklich um Reben. Durch den Erwerb einer „Namens-Vorzugsaktie zum Verkaufspreis von 150 Euro bei einem Nennwert von 52,00 Euro“ werde jeder Weinliebhaber zum Anteilseigner an der MW Mosel-Weinberg AG, erfährt man von dem Unternehmen. Und dass die Weinberge, in die man investiert, nicht in den allerberühmtesten Weinbergen der Mosel, sondern in Zell und in Filzen liegen. Gemessen an manchen Rebstockpatenschaften jedenfalls fällt die Dividende eher gering aus: Mit einer 0,375-Liter-Flasche pro Jahr muss man sich begnügen.

Den dritten Weg neben individueller Rebstockpacht und anonymen Fondsanteilen scheint dagegen der Marketing-Berater Jochen Hinz gefunden zu haben; zusammen mit seinem Partner, dem Journalisten Wolfgang Junglas, vermittelt er mit der Winzerloge Rebparzellen im Rheingau im Rahmen eines Bewirtschaftungsvertrages. „Alles begann, als ich mir einen eigenen Weinberg kaufte“, erzählt Hinz. Einsteiger kostet der Spaß, der weder mit Pacht noch mit Kauf einer Fläche verbunden sein muss, 1 000 Euro Aufnahmegebühr plus 500 Euro Jahresbeitrag, zuzüglich einer kleinen Summe pro Flasche. Dafür hat der Einsteiger die Ehre, mit einem der vier VDP-Weingüter Allendorf, Lang, Knyphausen oder Johannishof zusammenzuarbeiten. „Wir haben derzeit 15 Logenwinzer“, erzählt Jochen Hinz und macht klar, dass es an Erweiterungsmöglichkeiten nicht mangelt. „Es gibt noch genug ‚freie’ Weinberge“.

Wem dies alles nicht zusagt, hat nur noch eine Möglichkeit. Der Gesetzgeber erlaubt zwar nicht die Neuanlage eines echten Weinbergs ohne Pflanzrechte, doch wird der Anbau von bis zu einem Ar Fläche und maximal 99 Reben in der Regel toleriert, sofern der Wein ausschließlich für den häuslichen Verbrauch bestimmt ist und nicht an Dritte abgegeben wird. Als Gartenwinzer darf man seinen Freunden also offiziell keine einzige Flasche verkaufen, aber völlig legal das eine oder andere Glas zur Probe ausschenken. Geld lässt sich mit einem solchen Investment also nicht verdienen – der Spaß dagegen ist so gut wie garantiert.

Wolfgang Fassbender 

 

Information

REBSTOCKPATENSCHAFTEN UND INVESTMENTS

Genussscheine ab 2 500 Euro:
Weingut Sybille Kuntz
Moselstraße 25
54470 Lieser
Tel.: 06531 91000
 
Mitglied im Club 953 ab 109 Euro (für ein Jahr):
Bodega Maruccia
Camino Mendivil 2
E-07620 Llucmajor (Mallorca)
Tel.: +34 971 660134
 
Rebstockpatenschaften ab 75 Euro:
Weingut Garage Winery
Friedensplatz 12
65375 Oestrich-Winkel
Tel.: 06723 603340
 
Rebstockkauf:
Jacques & Stéphanie Schmidt
Cave du Vallon
CH-1175 Lavigny
Tel.: +41 21 8086192
 
Rebstockpatenschaften ab 99 Euro:
Weingut Herzog von Württemberg
Schloss Monrepos
71634 Ludwigsburg
Tel.: 07141 221060
 
Patenschaften für bis zu 25 Jahre:
Weingut Balthasar Ress
Rheinallee 50
65347 Hattenheim im Rheingau
Tel.: 06723 91950
 

WEINBERGE PLUS BEWIRTSCHAFTUNG IM RHEINGAU

WinzerLoge
Bienenbergweg 4
65375 Oestrich-Winkel
Tel.: 06723 601850
 

WEINBERGSAKTIEN

MW-Mosel-Weinberg Aktiengesellschaft
Gilbert-Straße 34
54290 Trier
Tel.: 0651 9752916
 

WEINBERGSVERMITTLUNG UND-VEWALTUNG IN ARGENTINIEN, schon ab 2 Hektar

BBI Argentina
Tel.: +1 416 937 1153
 

REBSTÖCKE, inklusive Raritäten

Rebschule Antes
Königsberger Straße 4a
64646 Heppenheim
Tel.: 06252 77101

Ausgabe 03/2024

Erhältlich ab 8. März: MEININGERS WEINWELT Ausgabe 03/2024

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