Foto: Helge Kirchberger
Foto: Helge Kirchberger

Interview mit Roland Trettl

Diesen Sonntag (26. Februar) geht es bei Kitchen Impossible auf Vox wieder zur Sache: Roland Trettl tritt mit Christian Lohse zum Duell an. Mit uns hat der Freischnauze-Koch über gute Weinberatung und Aufreger in der Gastro-Szene gesprochen. 

Text: Christine Krieger

Eine Ihrer Aussagen: „Haltet mir die Sommeliers vom Leib“. Wieso so auf Kriegsfuß mit den Sommeliers?
Ich stehe eigentlich mit jedem auf Kriegsfuß, der sich zu wichtig nimmt. Sagen wir’s mal so. Das kann genauso der Koch sein. Nur ist es mir bei Sommeliers viel mehr aufgefallen, dass sie zum Teil viel zu wenig auf den Gast eingehen. Für mich wäre bei einem Sommelier gefragt, dass er auch mal andere Getränke außer Wein anbietet. Mittlerweile sieht man aber eine Veränderung.

Und wie sieht dann eine gute Weinberatung aus?
Ich habe ja jahrelang gar keine Weine getrunken, weil mir die Sommeliers so am Arsch gingen mit ihren ganzen Geschichten. Das interessiert mich nicht. Die Sommeliers reden meistens so, als ob ein Sommelier vor ihnen sitzt. Was man da alles verstehen muss … was interessiert mich, wo die Traube gewachsen ist. Wenn ich es wissen möchte, dann frage ich. Und ich bin sicher nicht der Einzige, der einfach nur will, dass der Wein gut schmeckt und der Wein gut passt.

Sie sagen: Auf Champagner und Bordeaux können Sie gut verzichten. Was darf beim Restaurantbesuch hingegen nicht fehlen?
Überraschung. Ob der Wein dann 3000 oder 12 Euro kostet, ist mir scheißegal. Als ich letztens im Tantris in München war, hat mir Justin Leone drei verschiedene Weine gebracht und mich einfach damit berührt. Und diese Weine waren letztendlich in einem Preissegment, wo ich sage „wow“, da brauche ich keinen für 500 Euro. Und wer mich so überraschen kann, der ist für mich ein großer Sommelier.

In Ihrem Buch „Serviert. Die Wahrheit über die besten Köche der Welt“ haben Sie ja schon ordentlich ausgepackt. Gibt es derzeit neue „Aufreger“, die Sie unbedingt mal loswerden wollen?
Ich habe einen vierjährigen Sohn und was mich total nervt, sind die ganzen Speisekarten für Kinder. Die ganzen Micky Maus Teller und Donald Duck Schnitzel sind so ein Blödsinn. Da denke ich mir: „Liebe Gastronomen, haltet die Kinder doch bitte nicht für Vollidioten“. Das nervt mich richtig. Warum muss es immer so selbstverständlich sein, dass das Kind das Schnitzel oder die Nudeln bekommt? Weil wir es leider selbstverständlich machen.

Ich war letztens in einem Fünf-Sterne-Hotel und wir gehen zum Frühstücksbuffet mit extra Kinderbuffet. Und dann geht man dahin und denkt, da wäre ein Nestlé-Counter aufgebaut. Da bekomme ich einen Hals. Wir sind im Jahr 2017, wir sprechen von Regionalität, wir sprechen von Nachhaltigkeit, und wir geben unseren Kindern nur noch Nestlé-Produkte zu fressen? Da hat man den Schuss nicht gehört!

In den Medien werden Sie noch heute oft als Sternekoch betitelt, stehen der Sterneküche aber nicht ganz unkritisch gegenüber. Wie passt das zusammen?
Ich war Sternekoch. Damals war das auch gut. Ich habe meinen ersten Stern vor 20 Jahren bekommen, wahnsinnig lange her. Aber die Zeit verändert sich oder? Aber ein Stern ist ein Stern. Ein Stern wird immer noch so vergeben, wie ein Stern vor 20 Jahren vergeben wurde. Da hat sich nichts verändert. Es gelten fast dieselben Regeln wie damals und da sage ich, da möchte ich keinen Stern mehr.

Was stört Sie dabei am meisten?
Wenn das Essen mit Handschuhen serviert wird, frage ich mich: Ist es wirklich so kalt? Nein, im Ernst: Es gibt viel zu viele Beispiele. Es ist einfach alles komplett verstaubt. Ich war jetzt erst wieder in Hamburg in der Bullerei und hatte einen Sommelier, der der Hammer war. Der war menschlich ein genialer Typ und hat mir super Weine gebracht. Die Bullerei hat keine Sterne und die Bullerei wird auch nie einen Stern bekommen. Aber die Bullerei hat ein Konzept, das einfach für das Jahr 2017 ideal ist. Wenn ich am Abend essen gehe, will ich meine Ruhe. Ich will einfach einen geilen, entspannten Abend, ich will Spaß, ich will in einer Location sein, wo das Licht cool ist und wo die Mitarbeiter einfach cool und einfach lässig sind. Und das ist für mich die gute Gastronomie im Jahr 2017. Nicht die Restaurants mit zwei oder drei Sternen.

Roland Trettl ist Koch, Autor und wirkte in Fernsehsendungen wie The Taste sowie Karawane der Köche mit und ist auch wieder in der zweiten Staffel Kitchen Impossible auf Vox zu sehen. www.roland-trettl.com

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