Foto: Asbach/Holzfasslager Ottersweier
Foto: Asbach/Holzfasslager Ottersweier

Dem Weinbrand auf der Spur

Nicht viele Menschen kommen in den Genuss, Deutschlands größtes Holzfasslager zu bestaunen, dabei birgt es einen großen Schatz … Und der reift in sage und schreibe 20.000 Holzfässern.

Text: Ilka Lindemann

Es ist diese Aromen-Mischung aus Eichenholz und feinem Destillat, die einem angenehm in die Nase steigt, kurz nachdem Reiner Fritsch die schwere Eisentür für uns geöffnet hat. Fast etwas rauchig und würzig, aber auch fruchtig und süß. Der Destillateurmeister ist Betriebsleiter des Asbach Reifelagers in Ottersweier am Fuße des Schwarzwalds und verantwortlich für die feinen Weinbrände, die hier zur erwünschten Reife gelangen und ihren ganz speziellen Charakter erhalten.

Die Marke Asbach

Die Weinbrände lagern in 20.000 300-Liter-Fässern, die in mehreren Räumen auf insgesamt 9.600 Quadratmetern oberirdisch bis unter die Decke gestapelt liegen, die einzelnen Fässer jeweils nur von einem Holzklotz vom nächsten Fass getrennt. Allein optisch ist das schon große Kunst und sehr eindrucksvoll, wenn man zwischen den Fassreihen hindurchläuft. Doch die eigentliche Kunst folgt einer inzwischen jahrhundertealten Tradition, die im Hause Asbach seit dem späten 19. Jahrhundert gepflegt wird.

 

In einer Zeit des Aufbruchs war es einer dieser innovativen Unternehmensgründer, der den Mut hatte, einen deutschen Weinbrand zu produzieren. Nachdem Hugo Asbach in Frankreich die Kunst des Destillierens und die Welt des Cognacs kennenlernte, gründete er am 5. Juli 1892 in seiner Wahlheimatstadt Rüdesheim am Rhein sein Unternehmen. Damals ahnte er noch nicht, wie erfolgreich sein Konzept werden würde. „Hugo Asbach wollte ein Produkt kreieren, das dem Cognac ebenbürtig war, welches aber dem deutschen Gaumen mehr schmeichelte“, erfahre ich von Christopher Dellee, dem Geschäftsführer und Kellermeister von Asbach über die Firmenhistorie. Das Produkt sollte zugänglicher sein als sein Pendant aus Frankreich und darüber hinaus auch noch erschwinglich. Hugo Asbach erschuf eine gut funktionierende Marke und hat es geschafft, dass Asbach über die Generationen hinweg ein Synonym für gute Qualität bleiben sollte.

1908 ließ er beim kaiserlichen Patentamt „Asbach uralt“ eintragen und verwies damit auf die lange Reifezeit seiner Weinbrände. Er war es auch, der schon früh das Wort Weinbrand in den deutschen Sprachgebrauch einführte, denn durch den Versailler Friedensvertrag wurde im Jahr 1919 den deutschen Weinbrennereien untersagt, das Wort Cognac für ihre Erzeugnisse zu nutzen. Cognac darf nur für Produkte verwendet werden, die aus der Region um Cognac stammen; ebenso wie das beispielsweise für den Champagner gilt. Das tat dem Erfolg des Asbachs aber keinerlei Abbruch, denn unterdessen waren der hohe Qualitätsanspruch und die Produkte von Hugo Asbach überall bekannt.

Wie gewitzt Hugo Asbach war, zeigt diese Anekdote: Da Frauen in der Öffentlichkeit nichts Hochprozentiges trinken durften, erfand er kurzerhand die Asbach-Praline und ummantelte seine Brände mit Schokolade – ein genialer Schachzug und die Damenwelt durfte teilhaben. Auch nutzte das Unternehmen schon früh das Fernsehen als Werbeträger und Slogans wie „Im Asbach liegt der Geist des Weins“ oder „Wenn einem so viel Gutes wiederfährt, ist das schon einen Asbach uralt wert“ sind uns noch immer bestens bekannt.

So kommt der Wein ins Spiel

Doch wie kommt nun eigentlich der Wein ins Spiel? Auch das erfahre ich vor Ort von Christopher Dellee: „Nur aus den besten Trauben kann beste Qualität werden“, berichtet er beim Gang durch die Fassreihen. Vor allem weiße Trauben wie die französische Ugni Blanc (in Italien besser als Trebbiano bekannt), aber auch Silvaner und Müller-Thurgau werden für die Brände verwendet. „Wichtig ist, dass die Weine frisch sind und noch auf der Feinhefe liegen“, erklärt Dellee, sie müssen niedrig im Alkohol sein, dürfen keinen Restzucker haben und nicht geschwefelt sein. Wieder etwas gelernt. „Unsere intensiven Destillate werden aus alkoholarmen Weinen gebrannt“, so der Kellermeister. Und die liegen meist zwischen 9,5 und 11 Volumenprozent Alkohol.

Asbach betreibt in Ottersweier eine eigene Küferei; Foto: Asbach/Holzfasslager Ottersweier
Asbach betreibt in Ottersweier eine eigene Küferei; Foto: Asbach/Holzfasslager Ottersweier

Die Destillation findet übrigens in der Brennerei in Rüdesheim statt. Hier werden die Weine in kupfernen Brennblasen auf der Hefe destilliert – was nach dem traditionellen zweistufigen und sehr zeitintensiven Rauhbrand-Feinbrand-Verfahren geschieht. Der erste Brennvorgang bringt dabei einen Rauhbrand von etwa 40 Volumenprozent Alkohol hervor und der zweite Brennvorgang, der noch aufwendiger ist, erzeugt den eigentlichen Feinbrand mit etwa 75 Volumenprozent Alkohol.

Dieses sogenannte Herzstück landet dann in Ottersweier in den 300-Liter-Fässern aus feinster Limousin-Eiche, wo die Brände so lange ruhen, bis sie ihre volle Reife erreicht haben. Da die Destillate in den kleinen Holzfässern jedoch unterschiedlich agieren, werden sie nach ihrem langen Aufenthalt im kleinen Holzfass miteinander vermählt und erfahren eine zweite Reifung in großen Bottichen aus Spessart-Eiche, deren Dauben sieben Zentimeter dick sind. „20 verschiedene Einzel-Destillate werden zum Beispiel für einen Asbach uralt miteinander vermählt“, erfahre ich von Reiner Fritsch „und diese reifen bei uns viermal länger als vorgeschrieben“, so der Destillateurmeister.

Derzeit werden sechs verschiedene Qualitäten mit Altersprädikat in Deutschland vermarktet, neben dem Klassiker Asbach uralt der Asbach Privatbrand – 8 Jahre gereift, ein 15 Jahre gereifter, ein 21 Jahre gereifter, ein Weinbrand von 1989, einer aus dem Jahrgang 1972 und eine Vintage Reserve aus dem Jahrgang 1952 mit dem Namen Johann Wolfgang von Goethe. Allesamt einzigartig in ihrer Qualität und heute sehr beliebt in der Szenegastronomie, wo Asbach oft als hochwertiger Partner für Mixgetränke und Cocktails verwendet wird. Also immer am Puls der Zeit.

Wer Asbach live erleben möchte, muss nach Rüdesheim in das Asbach Besucher Center & Brennerei, um den Geist des Weines kennenzulernen. Mehr als 20.000 Besucher im Jahr erfreuen sich an dem eindrucksvollen Film, der die Firmengeschichte beleuchtet und lernen zudem bei einer Verkostung die unterschiedlichen Weinbrände kennen. Übrigens ist Asbach die einzige Weinbrennerei, die man besuchen kann. Also nichts wie hin.

 

ADRESSE

Asbach Besucher Center & Brennerei
Taunusstraße 1-3
65385 Rüdesheim am Rhein

Weitere Infos: www.asbach.de

Ausgabe 03/2024

Erhältlich ab 8. März: MEININGERS WEINWELT Ausgabe 03/2024

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