Werneckhof - Zufluchtsort in München

Im Werneckhof im Münchner Stadtteil Schwabing heissen Ireneo Tucci und Tohru Nakamura ihre Gäste willkommen. Sie überzeugen mit viel Charme und Können.
 
Ireneo Tucci, Sommelier im Geisels Werneckhof in München
Vor den Türen der Werneckstraße 11 prescht ein Maybach der Münchner Elite vorbei, gefolgt von einer Touristengruppe auf Segways. Hier ist richtig was los. Doch sobald man über die Türschwelle mit dem Leitspruch „Über Geschmäcker kann man nicht streiten“ des Werneckhofs geschritten ist, lässt man das hektische Treiben des Münchner Stadtteils Schwabing hinter sich. 
 
Der gemütliche Gastraum wird von einer Eckbank aus Kirschbaumholz dominiert, die sich durch den gesamten Raum zieht. Die Bleiglasfenster versperren den Blick nach draußen und tauchen den Raum in ein angenehmes Licht. Seit Oktober 2011 gehört das Restaurant zu der Hotel- und Gastronomiekette Geisels Privathotels, die von den drei Brüdern Carl, Michael und Stephan Geisel geführt wird und zu dem auch die Münchner Hotels Königshof und Excelsior gehören.
 
Mit Überschreiten der Türschwelle hat man das Gefühl, einen Zufluchtsort vor der Münchner Großstadt und der Schnelllebigkeit der modernen Zivilisation gefunden zu haben. Man muss sich einfach einlassen auf das, was einen hier erwartet. Schnell ist Sommelier Ireneo Tucci zur Stelle. Der Italiener ist stolz auf sein Reich und trotzdem: „Nicht einmal die Lampe darf ausgetauscht werden. Alles steht hier unter Denkmalschutz“, erzählt der Italiener fast schon ein bisschen klagend. Das über 100 Jahre alte Restaurant erinnert mit seiner klassischeleganten Jugendstil-Einrichtung an Wien und Venedig. „Das schönste hier ist die Gemütlichkeit. Der Gast fühlt sich wohl und kann eine weltweit moderne Küche genießen. Das macht uns aus“, verrät der Wirt und das wissen nicht nur die Münchner Stammgäste zu schätzen: Aus Hong Kong, England, Tokio und der ganzen Welt kommen die Gäste, um das Besondere im Werneckhof zu genießen. Und was ist das Besondere hier? Es ist neben der gemütlichen Atmosphäre auch das Teamwork zwischen Küchenchef Tohru Nakamura und Sommelier Ireneo Tucci. Jung trifft auf erfahren, Münchner mit japanischen Wurzeln trifft auf italienisches Temperament. Und die gelungene Zusammenarbeit wird dabei nicht zuletzt durch die einheitliche Kleidung in schwarzen Kochjacken ersichtlich. „Der Gast soll sich hier wohl fühlen und das kann er auch gerne in Jeans. Ich möchte dem Gast keine Etikette aufzwingen und trage daher keinen Anzug“, erklärt der Sommelier, der lange Jahre auch Präsident der Vereinigung italienischer Sommeliers in Deutschland (AIS) war.
 
Verschiedene Stilrichtungen in der Küche und große, aber auch überraschende Weinkarte
 
Die Weinkarte des Werneckhofs fasst insgesamt um die 400 Positionen. Die Weine kommen aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien und Italien. Die Rotweine überwiegen zwar, aber dafür erwarten den Gast auch Überraschungen wie ein Yuzu-Sake-Prosecco als Aperitif auf der Karte. Trotz des recht übersichtlichen Weinkellers müssen hier keine Abstriche gemacht werden. Sommelier Ireneo Tucci hält zum Einen immer eine Überraschung unter der Ladentheke bereit, die nicht auf der Weinkarte zu finden ist. Zum Anderen kann auf die großen Weinkeller des Hotels Königshof oder der Geisels Weingalerie mit über 2 000 Weinen zugegriffen und somit alle Weinwünsche erfüllt werden. Viele Weine wurden exklusiv für die Geisels Unternehmensgruppe gefüllt. Aber Ireneo Tuccis Anspruch ist es nicht nur, zu den Teils komplexen Speisen den passenden Wein zu finden, sondern auch, dem Gast stetig Neues zu präsentieren und die Neugierde der Gäste herauszukitzeln. Dabei entwischt dem scherzenden Italiener manchmal auch ein typisch bayerisches „Ach Schmarrn“ – sehr sympathisch.
 
Tohru Nakamura, Koch im Werneckhof
Am Herd hat seit April 2013 der junge Halbjapaner Tohru Nakamura das Sagen. In München zweisprachig aufgewachsen hatte er einmal Pilot oder Diplomat werden sollen. Als er sich nach dem Abitur dafür entschied, Koch zu werden, musste das familiäre Umfeld erst einmal überzeugt werden. Sein Können lernte er im Münchner Königshof unter Martin Fauster, arbeitete dann mehrere Jahre im Restaurant Oud Sluis in den Niederlanden, um nach einem Traineeship in Japan unter anderem beim Koch am japanischen Kaiserhof, wieder zurück in die bayerische Hauptstadt zu kehren. Heute ist er mit 30 Jahren schon sein eigener Chef in der Küche des Werneckhof. „In der Stadt, in der man aufgewachsen ist, kocht man besonders gerne. Ich kenne eben den Münchner Geschmack“, freut er sich, wieder daheim zu sein und für Münchner Publikum zu kochen. Das Spannende dabei ist, dass es eigentlich zwei Stilrichtungen im Restaurant gibt: Im Werneckhof kann der Gast frei entscheiden, ob er sich für produktbezogene, klassisch puristische Gerichte in der SOLI-Reihe entscheiden möchte, oder ob er zur verspielteren, jungen Küche greifen möchte, die wie der Name GAUDI schon sagt, Spaß machen soll.
 
Im SOLI kann der Gast einzelne Gerichte bestellen oder auch als Menü, bei GAUDI erwarten einen fünf Gänge und wem das nicht genug ist, der findet mit der OMNI-Reihe noch ein achtgängiges Menü auf der Karte. „Wichtig ist, dass der Gast weiß, was er bestellt“, gibt der Koch zu bedenken, denn beim SOLI ist der Name Programm. Hier ist ein Lebensmittel Solist ohne jeglichen „Schnickschnack“ auf dem Teller. Das fordert Disziplin der Küche und Verständnis des Gastes, diese hohe Kunst zu würdigen. Dabei ist die Produktauswahl das absolut wichtigste. Tomaten werden zum Beispiel von dem ehemaligen Biolehrer und Kleinst-Biobauern Peter Kunze geliefert und zu einer tollen Tomatenvorspeise mit Limonolio angerichtet. Das Zitronenöl stellt Sommelier Tucci selbst in seiner Heimat, den Abruzzen, zusammen mit Aceto Balsamico und einem vor dem Essen mit Brot gereichtem Olivenöl her. Gemeinsam mit dem Vater hat er 200 eigene Olivenbäume, die er biodynamisch bewirtschaftet und so auch seinen Fachverstand für edle Speisen unter Beweis stellt.
 
Einzigartig ist auch die Kressesammlung aus bis zu 16 Kressearten, die zum Würzen frisch aufs Gericht gestreut werden und je nach Sorte Frische, Schärfe oder auch Säure vermitteln. Bei GAUDI hat man hat das Gefühl, jedes Gericht ist ein eigenes kleines Kunstwerk. Hier steht die Balance zwischen Aromen der Länder im Vordergrund. Produkte aus der ganzen Welt finden hier sehr verspielt Platz auf einem einzigen Teller und laden die Geschmacksknospen auf eine Reise ein. Hier ist auch die Spielwiese des 30-jährigen, hier wird gezeigt, was die moderne Küche kann. „Anfangs haben sich die Gäste unsere Karte japanischer vorgestellt, aber es sind eher die Kochtechniken, die aus Japan stammen, und auf Münchner Lebensmittel angewandt werden“, erzählt der Halbjapaner.
 
Frische Kräuter und gemütlicher Gastraum im Werneckehof
 
Die vielen verschiedenen Geschmackskomponenten der GAUDI-Gerichte machen es auch für Sommelier Tucci zu einer echten Herausforderung, die richtige Weinauswahl zu treffen. Dabei helfen ihm nicht nur die 30-jährige Berufserfahrung, sondern auch die gute Absprache mit der Küche und mit dem Gast. Immer mit einem Augenzwinkern und einem Lächeln auf den Lippen führt der 51-jährige durch das Menü und trägt mit einem charmant verpackten Fachwissen viel zur Gemütlichkeit bei, für die der Werneckhof so bekannt ist.
 
Teamwork steht hier aber nicht nur für die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Küche und Service. Auch das Feedback des Gastes wird nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern ist elementarer Baustein für das hohe Niveau, das dem Gast geboten wird. So verläuft der kulturelle Mix aus typisch bayrischen, japanischen und italienischen Einfl üssen auf dem Teller und im Glas zu einer Einheit zusammen, die für viele mit Sicherheit neu ist. Doch wenn man sich darauf einlässt, erlebt man eine kulinarische Sensation.
 
 
Anna Hochdörfer
 

Speiseempfehlung

LAMMNACKEN VOM MÜRITZHOF MIT 2006er SCHWARZRIESLING FAMILIEN-RESERVE
 
Lammnacken vom Müritzhof mit Dim Sum vom geschmorten LammbauchDer gegrillte Lammnacken aus der „Gaudi“-Serie wird von einem Dim Sum vom geschmorten Lammbauch begleitet. Neben Kokos-Curry- und Sesamcrème, erwarten einen auch noch Überraschungen wie Hisikicrème aus japanischen schwarzen Algen und einem Salat aus grüner Papaya, Grapefruit, Cashew-Kernen, angemacht mit klein gehackter Erdnuss, Kokosnuss und Thaibasilikum. Das Lammjus ist – um den Mix fernöstlicher Gewürze zu vervollständigen – mit Tandoori-Masala-Gewürz und frischen Curryblättern verfeinert. Ein wirkliches Fest nicht nur für die Geschmacksknospen, sondern auch für die Augen. Das wirklich Überraschende ist aber der Wein dazu.

2006er Schwarzriesling vom Weingut Hoffmann in Rottingen

 
 
Der 2006er Schwarzriesling, der im Auftrag der Familie Geisel durch das Weingut Hoffmann, Rottingen, in zwei gebrauchten Holzfässern Monate ausgebaut wurde, lädt durch ein samtenes Rot zum Probieren ein. Die Aromen nach süßer Kirsche, der zarte Holzeinfluss mit Schokoladennoten und die belebende Säure machen den Wein schon solo zu einem spannenden Genuss. In Kombination mit dem Essen kann er dann wirklich überraschen! Aufgrund seiner weichen Tanninstruktur und des geschmeidigen Abgangs passt er selbst – so befremdlich es sich auch anhören mag – zur Kokos-Curry-Crème und wirkt geradezu ungewöhnlich mineralisch.
 

Information

Geisels Werneckhof
Werneckstraße 11, 80802 München
Tel.: 089-388 795 68
 
Küchenchef: Tohru Nakamura
Restaurantleiter/Sommelier: Ireneo Tucci
Sitzplätze: 35 bis 45 Sitzplätze
Öffnungszeiten: Mo bis Sa 18.30 - 22 Uhr, Di bis Fr auch 12 - 14 Uhr, Sa auch 13 - 15 Uhr       
 
Küche: europäische Küche mit asiatischen Einflüssen
Weine: Schwerpunkt Europa, Sonderabfüllungen
 

01-24

Themen der Ausgabe

PANORAMA

Wie schmeckt die Zukunft Frankens?

PROFILE

Bibraud - kreativ und innovativ in Ulm

PROBE

Bairrada und Dão - Portugals feinste Rote