SOMMELIER MAGAZIN Loire: Chenin Blanc

>Chenin Blancs von der Loire sind die vielleicht unterschätztesten Weltklasseweine. Das zeigte unsere Verkostung von rund 60 Weinen auf beeindruckende Weise. Geschliffene und ungeschliffene Weine mit großer Persönlichkeit.>Crus aus dem Beaujolais, Elsass oder Chenin Blanc von der Loire? Es galt ein spannendes Verkostungsthema für diese Ausgabe auszuwählen. Auf diese drei Alternativen hatten wir uns in der Redaktion festgelegt. Drei der derzeit spannendsten Herkünfte, die alle eines gemeinsam haben: Sie genießen aktuell nicht ganz die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Also begannen wir, engagierte, aktive Sommeliers zu fragen, welches dieser Themen sie am meisten interessieren würde. Nach drei Anrufen stellten wir unsere kleine Umfrage ein. Dreimal hatten wir zur Antwort bekommen: Chenin Blanc.>Zur Probe am 30. April waren acht Teilnehmer nach Neustadt gekommen. Sie verkosteten und diskutierten die Weine aufgeteilt auf zwei Gruppen. Anschließend wurden die Tische getauscht. Ich kann versichern: Es war niemand dabei, der nicht bei dem einen oder anderen Wein leuchtende Augen bekam, ob es sich um Sybille Herbst, Christine Balais, Martina Kraemer-Stehr, Sebastian Bordthäuser oder mich selbst handelte. Ganz gleich wie viele Tausend Spitzenweine jeder einzelne bereits probiert hat. Das muss auch so sein. Denn nur mit maximaler Begeisterung lassen sich Vouvray, Savennières, Saumur oder Montlouis sur Loire an den Gast bringen. Ungestützt von der Weinkarte weg verkaufen sich keine sechs Flaschen im Jahr.>Der Großteil der Appellationen ist geprägt durch Kalk: Kalkstein, Kalktuff, Muschelkalk, kalkhaltige Lehm-Tonböden. Eine Ausnahme stellen die Weine aus Anjou dar, die auf verschiedenen Schieferböden wachsen. Eine spannende Variante, die leider im Schatten der Rot- und Roséweine aus dieser Appellation wenig Beachtung findet. Während in einigen Appellationen vorgeschrieben ist, dass die Weine zu 100 Prozent aus Chenin Blanc alias Pineau de Loire hergestellt sein müssen (Vouvray, Savennières, Montlouis sur Loire), schreiben die Regeln anderer Appellationen (Anjou, Saumur) lediglich vor, dass mindestens 80 Prozent Chenin Blanc im Wein enthalten sein müssen. Vor allem, wenn sich Sauvignon Blanc dazu gesellte, veränderte sich doch sehr deutlich der Charakter. Immer noch 100 Prozent Loire, aber eben nicht mehr unverwechselbar Chenin Blanc. Dieser zeigte viele Gesichter in der Probe. Selten wirklich begeisternd im Duft, aber umso komplexer am Gaumen. Ganz gleich, ob ein wenig saubere Botrytis im Spiel war (vor allem bei den 2010ern, z.B. aus Montlouis sur Loire), oder ob mit gebrauchtem oder neuem Holz gearbeitet wurde, überzeugten die Weine mit guter Balance und viel Zug. Viele 2012er überraschten zudem mit Säurebiss und fast puristischer Trockenheit. Ein Jahrgang, der große Anlagen besitzt und noch etwas Zeit braucht. Das stilistische Spektrum ist, wie an der Loire nicht anders zu erwarten, extrem weit aufgefächert, bis hin zu Weinen, die der Orange- oder Naturwein-Nische zuzuordnen sind. Bei einigen Weinen haben wir daher auf eine Bewertung verzichtet. Hier unsere Favoriten.>Sascha Speicher

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