Lebendige Erde

Peter H. MüllerDie Generalversammlung der Vereinten Nationen erklärte 2015 zum internationalen Jahr des Bodens. Hintergrund dessen ist die generelle Wahrnehmung zu verstärken, dass gesunder Boden der bedeutendste nicht vermehrbare Rohstoff ist, um die Ernährung der Menschheit zu sichern. Was bereits für alle Erdenbürger gleichermaßen möglich wäre.

Leider scheint es bezeichnend zu sein, dass mich diese Information erst erreicht, nachdem bereits die Hälfte dieses Jahres verstrichen ist. Das gilt für meine Person wie für die Kommunikation der UN. In Zeiten, in denen interessen- und finanzgesteuerte Politik mit tatsächlichen Bedürfnissen und Aufrufen der Menschen kaum etwas gemein haben...

In Zeiten, in denen Konzerne Patente auf Erfindungen von Mutter Natur, nämlich Obst- und Gemüsesorten, erwerben können und „Eintagspflanzen“ mit Terminator-Gen auf den Agrarmarkt geschmissen werden...

In Zeiten, in denen hinter verschlossenen Türen Verhandlungen in angewandter Selbstjustiz abgehalten werden, während Glyphosat buchstäblich in aller Munde ist und wir uns vorkommen wie das kleine gallische Dorf, das den Widerstand aufrecht erhält. In diesen Zeiten bleibt eigentlich nur eines: Noch lauter werden! In diesen Zeiten nehme ich mir dennoch die selbige, leg‘ mich zwischen den Weingärten am Neusiedlersee in die Wiese und atme tief ein. Was ist lebendige Erde?

Boden ist eine Herberge. Ein Gastgeber, der ohne Gäste nicht existieren kann. Erde ist in ihrem Wesen nie singulär. Sie ist passiv, doch in ihr passiert alles. „In 40 Zentimetern lebendiger Erde findet 90 Prozent des Lebens statt.“ Sie ist ebenso aufnahmefähig wie nährend. Ebenso pflegend wie pflegebedürftig. Sie verbindet Innen und Außen. Sie holt das Schwierige herein, um Verwandlung zum Positiven zu ermöglichen. Am Ende des Tages ist Erde nur Erde und strebt auch nichts Weiteres an. Soviel zur Bedeutung von „geerdet sein“.

Erde ist – frei von Egozentrik – auf ganzheitliche Gesundheit aus. Sie ist reichhaltig und vielschichtig. Sie ist in ihrem Verhalten und in ihrer Natur sinnig ohne Diskussions- oder Abwägungsbedarf. Sieht so aus, als hätten wir Menschen in einigen Belangen noch viel zu lernen. In diesem Sinne: Auf die Erde.

Ach... und noch ein kleiner Gruß aus Österreich: Geh‘ scheiß‘n, Monsanto!

01-24

Themen der Ausgabe

PANORAMA

Wie schmeckt die Zukunft Frankens?

PROFILE

Bibraud - kreativ und innovativ in Ulm

PROBE

Bairrada und Dão - Portugals feinste Rote