Ausgabe 03/2014

Meiningers Sommelier 03/2014
Anfang September werden die Großen Gewächse 2013 vorgestellt. Die gute Nachricht vorneweg: Es gibt vom Jahrgang 2013 mindestens ebenso viele Weltklasse-Rieslinge wie in den beiden Vorjahren. Die wirklichen Highlights des Jahrgangs zeichnet eine Finesse, eine vibrierende Mineralität und engmaschige Textur aus, wie sie nur in kühlen Jahrgängen mit spätem Lesezeitpunkt zu erreichen ist. Die ganz feine Rieslingklinge.
 
Dieses Bild zeichnet sich inzwischen klar ab, nachdem Christoph Nicklas und ich im August die eine oder andere Kollektion, insbesondere in der Pfalz und natürlich an der Nahe, verkosteten. Eigentlich stand bei den Recherchen für die Nahe-Reportage der Weißburgunder im Mittelpunkt. Doch das Nahetal zu besuchen, ohne Riesling zu probieren, wäre in etwa so, als würde man in einem erstklassigen Fisch-Restaurant in der Bretagne ein vegetarisches Menü bestellen, mit dem Duft des Meeres in der Nase. Masochismus pur. Apropos vegetarisch: Auf der Suche nach der passenden Weinbegleitung zur vegetarischen Sterneküche habe ich mich für diese Ausgabe auf den Weg zu Paul Ivi und Alexander Adlgasser nach Wien ins Tian gemacht, das im September seinen Ableger in München eröffnen wird.
 
Zurück zu den Großen Gewächsen 2013. So wie der Jahrgang in der absoluten Spitze strahlt, streut die Qualität bei den weniger gelungenen Tropfen. Stark entsäuerte Weine aus unter großem Fäulnisdruck vor der vollen physiologischen Reife gelesenen Trauben, die dann mit 8 Gramm Zucker aufgehübscht wurden, sind ebenso zu finden, wie Weine mit einem hohen Botrytisanteil, die in der Jugend vor Primärfrucht strotzen, aber im Kern wenig Finesse und Tiefe besitzen. Mit anderen Worten: In diesem Jahr werden die sensorischen Fähigkeiten ganz besonders beansprucht, um die echten Edelsteine herauszukosten. Nicht blenden lassen, lautet die Herausforderung. Eine Aufgabe, der sich die Sommelièren und Sommeliers mit großer Freude stellen werden. Jedenfalls kein Jahrgang für säureempfindliche Menschen. Denen seien die zum Teil grandiosen, pfeffrig-würzigen Silvaner mit ihrer erdig-burgundischen Textur empfohlen. Wir haben 101 Weine verschiedener Jahrgänge unter die Lupe genommen und stellen die Besten in dieser Ausgabe vor.
 
Sascha Speicher [email protected]