Ausgabe 01/2017

Wein.Speise.Gast

SOMMELIER Ausgabe 01/2017

Beim Besuch am Lütjensee an einem trüben Novembertag gossen Claudia und Gerhard Retter die Sommelierkunst in eine griffige Formel: „Es geht darum, die richtige Wein-Speise-Gast-Kombination zu finden.“ Absolut richtig. Es sei denn, man schafft sein eigenes Universum à la Nobelhart & Schmutzig, in das zu 90 Prozent Menschen eintreten, die wissen, worauf sie sich einlassen. Aber in der klassischen Sterne-, Hotel- oder wie im Fall der Fischerklause am Lütjensee auch Ausflugsgastronomie sieht die Welt natürlich anders aus. Die nötige Vielfalt bieten, ohne Haltung zu verlieren, lautet die Herausforderung. Die Richtung vorgeben, der Karte eine Handschrift verleihen, aber mit ausreichend Abfahrten und Haltebuchten links und rechts der Spur.

Da trifft es sich prima, dass die Ausgabe 1 traditionell thematisch besonders bunt gemixt ist. Das liegt natürlich auch am Rückblick auf den Sommelier Summit mit all seinen Verkostungen und Workshops. Auf diesem journalistischen Weg sollen alle, die leider keinen der extrem limitierten 65 Plätze einnehmen konnten, erfahren, was beim Treffen der deutschen, österreichischen und Schweizer Sommelier-Szene verkostet und zuweilen intensiv und auch kontrovers diskutiert wurde.

Wie dynamisch und kreativ sich die Weinwelt immer wieder selbst um neue, schillernde Facetten bereichert, zeigt das Segment der Pét Nats. Pétillant Naturel, natürlich perlend. Marktbedeutung: nicht messbar. Trotzdem experimentiert derzeit gefühlt jeder Winzer in Deutschland und Österreich auf dieser Spielwiese, ganz besonders jene aus der Naturweinecke. Zeit also für eine Bestandsaufnahme. Und für eine anregende, zum Teil auch belustigende Verkostung. Das lag zum einen an den ebenso informativen wie leicht esoterischen Rückenetiketten, aber auch an dem einen oder anderen minutenlang lustig aus der Flasche schäumenden Prickler, dann aber wieder wirklich beeindruckende Weine, die eine echte Bereicherung darstellen.

Etwas mehr „sophisticated“ ist die Diskussion um Stilistik, Herkunftscharakter und Handschrift bei den großen deutschen Rieslingen. Immer wieder, insbesondere, wenn im September die Großen Gewächse auf den Markt kommen, flammt die Diskussion um Holz, BSA, Reduktionsnoten und Restsüße auf, die ganzjährig in den diversen Foren vor sich hin glimmt. Wir haben uns dem Thema in einem sensorischen Großversuch angenähert. Mit zum Teil verblüffenden Erkenntnissen.

Sascha Speicher
Chefredakteur MEININGERS SOMMELIER
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