Michael von Rieff, geschäftsführender Gesellschafter der Privat-Brauerei Heinrich Reissdorf, hat seine Marktführerschaft 2019 ausbauen können. (Foto: Reissdorf)
Michael von Rieff, geschäftsführender Gesellschafter der Privat-Brauerei Heinrich Reissdorf, hat seine Marktführerschaft 2019 ausbauen können. (Foto: Reissdorf)

„Unseriöser Biermarkt führt zur Verrohung“

Michael von Rieff ist geschäftsführender Gesellschafter des Marktführers im Segment Kölsch, der Privat-Brauerei Heinrich Reissdorf, und damit ein gewichtiger Marktteilnehmer. Er ist für seine Brauerei mit dem vergangenen Jahr „nicht unzufrieden“, konnte Reissdorf doch die Führungsposition „eindeutig behaupten und sogar ausbauen“, wie er auf GZ-Anfrage mitteilt. Dennoch übt er harsche Kritik an der derzeitigen Situation des gesamten Biermarktes.

Kritik am Vorgehen der gesamten Branche

Für 2020 befürchtet von Rieff Verluste für den „immer schwieriger werdenden Kölsch-Markt“ – und das trotz Fußball-EM. Er moniert im Gespräch mit der GETRÄNKE ZEITUNG: „Leider führt die zunehmend preisaggressive, kannibalisierende Vermarktung des Bieres allgemein auf dem hart umkämpften, rauen, zum Teil unseriösen und unglaubwürdigen Markt zu einer ständigen Verrohung der früher einmal branchenüblichen Sitten.“

Auf Nachfrage sagt der Reissdorf-Geschäftsführer: „In unserem Unternehmen gilt ein Handschlag noch etwas. So wie vor 30, 40 oder 50 Jahren. Heute hingegen machen viele Brauunternehmen Geschäfte nach dem Motto: Wenn ich es nicht mache, macht es der Mitwettbewerber. Und das um jeden Preis!“ Des Weiteren könne er nur den Kopf schütteln, wenn er ständig von „Premium“ höre und lese, diese Marken dann aber für unter 10 Euro pro Kiste verkauft werden. „Das passt einfach nicht zusammen“, moniert von Rieff. Leider zählten heutzutage nur noch Hektoliter-Angaben, ihm sei das Mengendenken zuwider. „Mengenfixierung führt in eine Sackgasse“, warnt der Brauereichef.

Es stünde nach dem vorjährigen Jahresverlauf außer Frage, dass die Braubranche am Ende des Jahres wiederrum leichte Absatzrückgänge verkraften müsse. „Der Biermarkt gerät immer stärker unter Druck und Experten erwarten massive Umbrüche“, sagt Michael von Rieff.

Der Kölsch-Markt

Der Kölsch-Markt stagniert, weist damit aber eine bessere Entwicklung als der Gesamt-Biermarkt auf. Laut Christian Kerner, Geschäftsführer des Kölner Brauerei-Verband, gibt es aktuell 12 Kölsch-Brauereien, die rund 20 Marken beheimaten. Wie die Marktforscher von IRI mitteilen, setzten die Kölsch-Brauer im Jahr 2019 im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und Getränkeabholmarkt (GAM) 999.720 Hektoliter ab – das entspricht einem Mengenwachstum von 0,2 Prozent (oder 2.100 Hektoliter) im Vergleich zu 2018. Gleichzeitig stiegen die Umsätze dank angestiegener Durchschnittspreise (+1,8 Prozent im Vergleich zu 2018) um 2,0 Prozent.

Den gesamten Kölsch-Marktreport mit den Einschätzungen aller wichtigen Kölsch-Brauer finden Sie in der nächsten GETRÄNKE ZEITUNG Nr.3, die diesen Donnerstag, 30. Januar, erscheint. // ja

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GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.