VdF-Geschäftsführer Klaus Heitlinger. (Foto: VdF)
VdF-Geschäftsführer Klaus Heitlinger. (Foto: VdF)

„Unsere Mitglieder verkaufen Fruchtsaft, keine Verpackungen“

Unter anderem Eckes-Granini Deutschland fordert die Bepfandung von PET-Einwegflaschen für Saft und Nektar. Eine Thematik, die offensichtlch Diskussionspotenzial birgt. Wie steht der Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie (Vdf) dazu? Wir haben mit Geschäftsführer Klaus Heitlinger gesprochen.

 

GETRÄNKE ZEITUNG: Herr Heitlinger, erst kürzlich forderte unter anderem der Fruchtsafthersteller Eckes-Granini, das PET-Einwegflaschen für Saft und Nektar bepfandet werden sollen. Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Klaus Heitlinger: Unser Verband spricht sich gegen eine generelle Bepfandung von Fruchtsaft aus. Die Bepfandung von Dosen und PET-Flaschen unabhängig vom Inhalt wird jedoch akzeptiert.
 

GZ: Wie wahrscheinlich ist es für Sie, dass diese Forderung tatsächlich umgesetzt und das Verpackungsgesetz geändert wird?

Heitlinger: Die Änderung des Verpackungsgesetzes wird gerade im Bundesministerium für Umwelt vorbereitet. Wir gehen davon aus, dass PET-Flaschen und Dosen zukünftig unabhängig vom Inhalt bepfandet werden.
 

GZ: Welche Maßnahmen müsste die Fruchtsaftindustrie bei einer Umstellung auf befpandete PET-Einwegflaschen ergreifen?

Heitlinger: PET-Flaschen sind bereits im Gebrauch der Fruchtsaft-Industrie, diese müssten am DPG-Pfandsystem angemeldet werden.
 

Welche Vor- und welche Nachteile hätte bepfandetes PET-Einweg bei Saft und Nektar?

Heitlinger: Die Rücklaufquoten bei bepfandeten PET-Flaschen würden sich erhöhen. Nachteile wären Investitionen in neue Abfülltechnik, die sehr kostspielig sind.
 

GZ: Die Verbraucher achten vermehrt auf nachhaltige Produkte, bis hin zur Verpackung. Nachhaltiger Saft in Einwegflaschen scheint sich da zu widersprechen. Ist das der einzige Grund, nun auf Pfand zu setzen? 

Heitlinger: Über die Nachhaltigkeit von Verpackungen gibt es sehr viele Studien, die sich oft widersprechen. Die Nachhaltigkeit ist abhängig von vielen Faktoren, z.B. vom Material, der Verwendung und den Transportwegen. Zudem müssen die Grundannahmen jeder Studie genau betrachtet werden, da diese einen wesentlichen Einfluss auf das Studienergebnis haben. 
 

GZ: Der Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie führte vor fast 50 Jahren das verbandseigene Mehrweg-Pool-System ein. Könnte dieses System von einer Bepfandung bei PET-Einweg profitieren?

Heitlinger: Der VdF-Mehrweg-Pool ist bereits seit rund vier Jahren aufgrund des öffentlichen Bewusstseinswandels am Wachsen und liegt momentan bei rund 11 Prozent Marktanteil. Wir denken daher nicht, dass eine neu eingeführte Bepfandung von PET-Einwegflaschen einen zusätzlichen Einfluss hätte auf den Absatz von Mehrweg.
 

GZ: Gibt es seitens des Verbands Bestrebungen, den Mehrweg-Anteil zu erhöhen?

Heitlinger: Der VdF pflegt seit 50 Jahren den Pool für rund 300 Hersteller. Wir haben in den letzten Jahren neue Kästen mit verbraucherfreundlichem Mitteltragriff eingeführt und die Neuglas-Einspeisung erhöht. Zudem ist auch die Zulieferindustrie für Flaschen und Kästen für das Wachstum gewappnet. Wir haben in diesem Jahr so viele neue Flaschen und Kästen wie seit 20 Jahren nicht mehr in den Pool eingespeist. Letztendlich entscheidet der Verbraucher durch sein Kaufverhalten wie hoch der Mehrweganteil ist. Die Hersteller sind bereit für weiteres Wachstum.
 

GZ: Säfte und Nektare werden häufig auch in Glas-Einwegflaschen abgefüllt. Ist das in Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit noch zeitgemäß?

Heitlinger: Glas ist inert (Anm. d. Red.: es findet keine Wechselwirkung zwischen Inhalt und Verpackung statt) und eine natürliche Verpackung und seit Tausenden von Jahren in Verwendung. Getränke werden zu Hause und in der Gastronomie im Glas serviert. Das Glas-Rücknahmesystem in Deutschland ist gelernt und mit über 250.000 Glas-Containern (Quelle: Umwelt-Bundesamt) erreicht es sehr hohe Rücklaufquoten, sodass das gesammelte Altglas wieder eingeschmolzen wird für neue Glasflaschen. Die Einweg-Glasflasche ist bei Fruchtsaft vor allem für kleinere und mittlere Betriebe und Chargen sowie für innovative Produkte geeignet. Es sind viele neue Produkte in Glas-Einweg zu finden, die es sonst aufgrund der gesetzlichen Regelungen und der Marktgegebenheiten (wie z.B. nicht ausreichende Rücknahmesysteme für bepfandetes Einweg-Glas) nicht geben würde. 
 

GZ: Was ist für Sie die optimale Verpackung für Fruchtsaft und -nektar?

Heitlinger: Jede Verpackung hat ihre Vor- und Nachteile, hierzu gibt es auch eine gemeinsame Positionierung der wesentlichen Getränkeverbände, die auch in der GETRÄNKE ZEITUNG publiziert wurde. Ich selbst trinke Fruchtsaft aus Glas-Einweg und -Mehrweg, der PET-Flasche und dem Getränkekarton. Unsere Verbandsmitglieder verkaufen Fruchtsaft und keine Verpackungen.
 

Interview: Leska Günther
 

GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.