Der Vertrag zwischen den beiden Kooperationspartnern, der ganz bewusst auf bislang bekannte und präferierte Kauf- und Beteiligungsmodelle verzichtet, wurde am 10. April 2019 gezeichnet. (Logos: Radeberger-Gruppe)
Der Vertrag zwischen den beiden Kooperationspartnern, der ganz bewusst auf bislang bekannte und präferierte Kauf- und Beteiligungsmodelle verzichtet, wurde am 10. April 2019 gezeichnet. (Logos: Radeberger-Gruppe)

Radeberger verlagert Kölsch-Produktion zur Konkurrenz

Bier-Beben in Köln: Das Haus Kölscher Brautradition (Radeberger-Gruppe) wird die Produktion seiner Kölsch-Marken bis Herbst 2021 schrittweise an den Produktions- und Logistik-Standort des Konkurrenten Cölner Hofbräu Früh nach Feldkassel in den nördlichen Stadtteil Köln-Merkenich verlagern - und in der Folge seine Brauerei in Köln Mülheim aufgeben. Die beiden Unternehmen haben eigenen Angaben zufolge eine langfristige Kooperation begründet. Heißt: Die zwei im Wettbewerb stehenden Kölsch-Brauereien agieren zukünftig von einem Brauereihof aus – bleiben dabei aber eigenständige Unternehmen, die im Markt auch weiterhin "entschieden als Konkurrenten antreten". So werde das Haus Kölscher Brautradition in einem ersten Schritt bis Ende 2020 die Mehrwegabfüllung seiner Marken wie Sion Kölsch, Gilden Kölsch oder Dom Kölsch von Köln Mülheim an den Brauereistandort der Cölner Hofbräu Früh verlagern. Auch die Rampenfunktion und Logistik für die Marken der Brauereigruppe gehen an die Cölner Hofbräu Früh über. In einem zweiten Schritt werden die Fassbierabfüllung und die Produktion bis Herbst 2021 folgen. Das Haus Kölscher Brautradition werde seinen Brauereistandort in Köln Mülheim in der Folge aufgeben, dort aber zunächst seinen Unternehmenssitz mit seinen Einheiten zur Marktbearbeitung behalten. Der Produktions- und Logistik-Standort der Cölner Hofbräu Früh sei durch seine Flächen und technischen Standorte prädestiniert für diesen Schritt und werde im Gegenzug in den kommenden Monaten mit nachhaltigen Investitionen aufgerüstet, um die zusätzlichen Mengen aufnehmen zu können, kündigen beide Unternehmen in einer gemeinsamen Pressememitteilung an.

Zukunftsorientierte und gemeinsame Nutzung eines Standortes

Dr. Niels Lorenz, Sprecher der Geschäftsführung der Radeberger Gruppe, der diese Lösung für das Tochterunternehmen verhandelt hat: „Wenn in ein und derselben Stadt gleich mehrere Brauereien Produktionsstandorte ähnlicher Größenordnung unterhalten, jeder mit hohen Investitions- und Instandhaltungsbedarfen, dann kann man nicht nur, dann muss man fast zwangsläufig ganz pragmatisch über eine zukunftsorientiert gemeinsame Nutzung dieser Anlagen nachdenken.“ Schließlich können nach Einschätzung des Brauereichefs dadurch nicht nur Synergien mit Blick auf Kapazitäten und Investitionen gehoben werden, er betont auch: „Wenn zwei Brauer ihre Mengen produktionsseitig zusammenlegen, entsteht ein optimal zugeschnittener und ausgelasteter Standort, der in einem tendenziell schwierigen Bier- und Kölschmarkt noch zukunftssicherer betrieben werden kann – für beide Parteien.“ 

Und auch Alexander Rolff, persönlich haftender Gesellschafter der Cölner Hofbräu Früh, zeigt sich von dem Ansatz angetan: „Im ersten Moment fanden wir die Idee ungewöhnlich. Doch die Vorteile liegen auf der Hand: Wir stellen unseren Standort damit planerisch und investiv auf zukunftssicherere Beine und können unseren Kunden bei ihren Abholungen ein noch attraktiveres Angebot machen. Unser Unternehmen ist heute prächtig aufgestellt, unser Früh Kölsch entwickelt sich seit Jahren besser als der Markt und wir erfreuen uns einer stetig wachsenden Beliebtheit bei den Kölsch-Freunden, trotzdem sind wir überzeugt: Auch wir müssen uns verändern, um unsere Spitzenposition dauerhaft zu behaupten.“

Die beiden Brauereien werden nach eigenem Bekunden im Bereich der Herstellung, Abfüllung und Logistik partnerschaftlich kooperieren, in allen anderen Fragen der Markenführung und des Vertriebs aber in einem gesunden Wettbewerb verbleiben. Alexander Rolff: „Wir werden unseren erfolgreichen Weg in der Markenführung und im Vertrieb unserer Marke Früh unverändert weitergehen. Denn so partnerschaftlich wir uns durch den Schulterschluss in ausgewählten Bereichen auch begegnen, so klar treten wir auch weiterhin als Wettbewerber um Marktanteile und Verbrauchergunst an.“ Und Georg Schäfer, Geschäftsführer des Haus‘ Kölscher Brautradition, ergänzt: „Wir werden zwar gemeinsam produzieren, aber getrennt marschieren. Denn eines ist klar: In unserem Markt kämpft jeder Brauer um jeden Kunden, jede Gastronomie, jeden Zentimeter. Wir treten als Haus Kölscher Brautradition mit unseren Kölsch-Marken auch nach dem Schulterschluss selbstbewusst an, unser Terrain zu verteidigen. Gegen Freund und Feind, wenn Sie so wollen …“

GZ 08/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Mineral- und Tafelwasserverordnung

Der Entwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Neufassung der Mineral- und Tafelwasserverordnung könnte zu Verwerfungen im gesamten Mineralwassermarkt führen. Verbände fordern daher dringend Nachbesserungen.

Aktuelles Interview: Jürgen Reichle, VDM

Jürgen Reichle, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Mineralbrunnen, sieht beim vorgelegten Entwurf für die Mineral- und Tafelwasserverodnung Verbesserungsbedarf in mehreren Punkten. Der nächste Schritt sei eine intensive Dialogphase mit Bund und Ländern.

Gastkommentar: Thomas Fischer, DUH

Thomas Fischer, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, hält die in der PPWR festgelegt Mehrwegquote von vorerst 10 Prozent für deutlich zu niedrig angesetzt. Ein erhoffter Rückenwind für Mehrweg werde so ausbleiben sagt er und fordert deshalb nationale Maßnahmen zum Mehrwegschutz.