Preiswissen nimmt zu

Das steigende Preisbewusstsein deutscher Konsumenten spiegelt sich in einer verbesserten Schätzgenauigkeit bei Produktpreisen wider. Dies ist ein zentrales Ergebnis einer aktuellen Studie.

Deutsche Konsumenten verschätzen sich bei der Beurteilung des Preisniveaus von Händlern nur um durchschnittlich 9,1 Prozent, verglichen mit 10,1 Prozent im vergangenen Jahr. Das sei ein neuer Rekordwert, so ein zentrales Ergebnis der Preisstudie 2009 der Strategieberatung OC&C Strategy Consultants. "Die Wirtschaftskrise hat das Bewusstsein deutscher Konsumenten für Preise geschärft und die Schätzgenauigkeit verbessert", erklärt der für die Studie verantwortliche Berater Christian Ziegfeld.
Der Berater warnt jedoch vor allzu intensiven Preiskämpfen und einem überzogenen "Aktionismus": "Die Preisaktionen verunsichern Kunden und setzen in vielen Sortimentsbereichen eine negative Preisspirale in Gang. In der Folge bringen viele Aktionen bereits heute nicht mehr den gewünschten Ertrag", so Ziegfeld.
Der Wettbewerbs- und Preisdruck im LEH sei auch 2009 auf einem sehr hohen Niveau geblieben. Besonders spannend sei die strategische Position von Lidl, denn das Unternehmen führe einen Preiswettbewerb an zwei Fronten: Einerseits müsse sich Lidl gegenüber dem Preisführer Aldi und dessen sehr aggressiven Preisanpassungen positionieren. Andererseits seien Maßnahmen gegenüber Netto erforderlich, da Netto durch die Übernahme von Plus eine nahezu flächendeckende Marktpräsenz erlangen werde, so die Studie. Zeitgleich setzte Lidl 2009 auf die "Lidl lohnt sich"-Kampagne.
Das hat sich laut der Studie deutlich auf die Preiswahrnehmung ausgewirkt. Lidl liege mit einer realen Preisposition von 16 Prozent unter dem Schnitt des Wettbewerbs und damit auf der gleichen relativen Preisposition wie im vergangenen Jahr. Das sei zwar deutlich günstiger als andere Händler. Die Preiswahrnehmung der Kunden liege jedoch nur noch um 2,4 Prozent unter dem Marktdurchschnitt und damit ganze fünf Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Daraus folge, dass Lidl der günstigste Anbieter im Vergleich ist, Plus jedoch als günstiger wahrgenommen werde.
Eine deutliche Veränderung der Preisposition zeigt sich laut Stu-die bei Real. Die Preise für 300 Food- und 50 Nonfood-Produkte wurden gesenkt, die Eigenmar-kenstrategie mit "Real Quality" neu ausgerichtet. Die Auswirkungen der Preissenkungen insbesondere bei Fokusartikeln zeigt sich sehr deutlich in der OC&C-Erhebung 2009: So liege Real beim untersuchten Warenkorb 3,9 Prozentpunkte unter dem Marktschnitt und sei damit der günstigste "Nicht-Discounter".
Eine Untersuchung der Kundenpräferenzen habe deutlich gezeigt, dass dieser nicht ausschließlich nach niedrigen Preisen sucht. Während zum Beispiel die Preiswahrnehmung im Bereich der Unterhaltungselektronik durch die Preise von Markenprodukten dominiert werde, komme im LEH den Eigenmarken die führende Bedeutung zu. Dabei halten laut Studie Preis und Qualität der Eigenmarken einen gleich hohen Stellenwert.
Für die Preiswahrnehmung der Kunden hätten Eigenmarken im mittleren Preissegment, die den Qualitätsanspruch von Top-Marken haben, daher eine weiter zunehmende Bedeutung, während die Rolle der reinen "Preiseinstiegs-Eigenmarke" weiter abnehmen werde.
Für die Studie wurden Storechecks bei 150 Händlern durchgeführt und insgesamt 60.000 Verbraucher aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Nie- derlanden und den USA befragt. Es wurde die Preiswahrnehmung für ausgewählte Produkte aus den Branchen Baumärkte, Lebensmittel- und Textileinzelhandel, Unterhaltungs- und Haushaltselektronik, Parfümerie, Schuhe und Sport der realen Preispositionierung gegenübergestellt. Die Schätzgenauigkeit der deutschen Konsumenten habe sich dabei nur leicht verändert. In Branchen mit direkt vergleichbaren Produkten oder einem hohen Anteil an Markenartikeln wie dem LEH seien die Kunden aber in der Lage, das Preisniveau sehr genau einzuschätzen.

GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.