Ende gut alles gut: Die Pfungstädter Brauerei kann noch im Dezember das Schutzschirmverfahren verlassen. (Foto: Pfungstädter)
Ende gut alles gut: Die Pfungstädter Brauerei kann noch im Dezember das Schutzschirmverfahren verlassen. (Foto: Pfungstädter)

Pfungstädter Brauerei von "allen Schulden befreit"

Die Pfungstädter Brauerei kann eigenen Angaben zufolge das Schutzschirmverfahren verlassen und Anfang Dezember neu starten. Die Gläubiger hätten dem von der Geschäftsführung mit der Restrukturierungskanzlei Schiebe und Collegen erarbeiteten Insolvenzplan zugestimmt, heißt es seitens der finanziell angeschlagenen Brauerei. Die Gläubiger sollen laut Pfungstädter eine Quote von 100 Prozent erhalten. Auch konnten 46 Vollzeitstellen und damit die meisten Arbeitsplätze erhalten werden. Neuer Eigentümer wird nach Auskunft der Brauerei der hessische Anlagenbauer Lauer.

Amtsgericht hat Insolvenzplan bestätigt

Nach der einstimmigen Entscheidung der Gläubiger habe das Amtsgericht Darmstadt den Insolvenzplan bestätigt. Die südhessische Traditionsbrauerei konnte sich eigenen Angaben zufolge „damit im Schutzschirmverfahren von allen Schulden befreien“. Vor allem wolle die Firma Lauer, der in der benachbarten Gemeinde Seeheim-Jugenheim auch Anlagen für Brauereien fertigt, in die Brauerei investieren, um mit modernster Technik Premiumbiere zu brauen, heißt es. In den historischen Gebäuden plane das Unternehmen nach eigenem Bekunden einen „BrewPub mit Craftbierbrauerei und schattigem Biergarten“ und im Industriegebiet Pfungstadt einen „CO2-neutralen Brauereineubau mit modernem Abfüll- und Logistikzentrum“. Geplant sei eine Braukapazität von rund 200.000 Hektoliter, die deutlich unter der bisherigen Kapazität von 450.000 Hektoliter liege.

46 der 78 Vollzeitkräfte sollen übernommen werden. Zusätzlich habe Lauer fünf weitere Mitarbeiter in der Lauer GmbH übernommen, heißt es. Fünf weitere Mitarbeiter seien im September in eine neu gegründete Transfergesellschaft gewechselt.

Zum Hintergrund des Schutzschirmverfahrens

Seit 2. Juni befand sich die 1831 gegründete Privatbrauerei im Schutzschirmverfahren. Wesentliche Ursache der Unternehmenskrise war der sinkende Bierabsatz. Trotz Kostensenkungen, Repositionierung und neuer Absatzmärkte im Ausland litt das Unternehmen unter der allgemeinen Marktentwicklung. Die Corona-Krise hat die Situation dann weiter verschärft.

Unter dem Schutzschirm konnte die Brauerei die bisherige Betriebsimmobilie verkaufen und die operative und interne Organisation verschlanken. Ebenso wurde die Verwaltung gestrafft und auf digitale Abläufe umgestellt. Wesentliche IT-Aufgaben werden zukünftig von der neuen Schwestergesellschaft Lauer übernommen. In den nächsten Monaten werden weitere Kooperationen geschlossen und die Fernlogistik an Partner abgegeben. Mit dem neuen Geschäftsmodell können einige Dienstleistungen an Dritte ausgelagert werden. Über den Brauereineubau sollen die derzeitigen Strukturkosten mit überdimensionierten und in die Jahre gekommenen, ineffizienten Anlagen reduziert und über neue Verpackungsformate neue Absatzkanäle erschlossen werden. 

Dazu erklärte Rechtsanwältin Annemarie Dhonau von der Restrukturierungskanzlei Schiebe und Collegen: "Innerhalb von einem halben Jahr konnten wir die Brauerei im Schutzschirmverfahren entschulden und nachhaltig sanieren. In dieser schwierigen Lage konnten wir die Kunden im Handel und in der Gastronomie halten. Der neue Gesellschafter Lauer stellt jetzt die erforderlichen Mittel für ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell bereit. Damit haben wir unsere wichtigsten Ziele erreicht: den Erhalt der Brauerei und des überwiegenden Teils der Arbeitsplätze sowie die hundertprozentige Befriedigung von Forderungen der Gläubiger." Zusammen mit ihrem Kollegen, Rechtsanwalt Mirko Lehnert, und dem betriebswirtschaftlichen Restrukturierungsberater Michael Weimar unterstützte sie die Brauerei in dem Verfahren. Rechtsanwalt Dr. Jan Markus Plathner von Brinkmann & Partner, der im Auftrag des Amtsgerichtes Darmstadt das Verfahren als Sachwalter begleitet, soll auch die Umsetzung des Insolvenzplans überwachen.

Meilenstein der Unternehmensgeschichte

Stefan Seibold, Geschäftsführer der Pfungstädter Brauerei, ist mit dem Ergebnis der Rettungsversuche der Brauerei sehr zufrieden: "Die heutige Entscheidung ist ein Meilenstein in der Unternehmensgeschichte. Wir können mit einem hessischen Eigentümer neu durchstarten und in Pfungstadt weiter Premiumbiere brauen. Vor dem Hintergrund des Brauereisterbens und der Corona-Krise ist das ein großer Erfolg. Bedanken möchten wir uns bei allen Mitarbeitern - ausdrücklich auch bei jenen, die wir leider entlassen mussten - für ihre engagierte Arbeit und bei unseren Kunden und Lieferanten für ihre Treue."  Jetzt seien alle Weichen gestellt und man können sich mit voller Energie auf die Marktbearbeitung und den Brauereineubau konzentrieren. Noch arbeite man intensiv an der Ausgestaltung des neuen Konzepts. Im Dezember werde man dann die eigenen Marktinitiativen 2021 und erste Details zur Neubauplanung vorstellen, sagt Seibold. //pip

 

GZ 08/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Mineral- und Tafelwasserverordnung

Der Entwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Neufassung der Mineral- und Tafelwasserverordnung könnte zu Verwerfungen im gesamten Mineralwassermarkt führen. Verbände fordern daher dringend Nachbesserungen.

Aktuelles Interview: Jürgen Reichle, VDM

Jürgen Reichle, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Mineralbrunnen, sieht beim vorgelegten Entwurf für die Mineral- und Tafelwasserverodnung Verbesserungsbedarf in mehreren Punkten. Der nächste Schritt sei eine intensive Dialogphase mit Bund und Ländern.

Gastkommentar: Thomas Fischer, DUH

Thomas Fischer, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, hält die in der PPWR festgelegt Mehrwegquote von vorerst 10 Prozent für deutlich zu niedrig angesetzt. Ein erhoffter Rückenwind für Mehrweg werde so ausbleiben sagt er und fordert deshalb nationale Maßnahmen zum Mehrwegschutz.