Gründe gegen den Online-Einkauf von FMCG-Produkten. (Grafik: Nielsen)
Gründe gegen den Online-Einkauf von FMCG-Produkten. (Grafik: Nielsen)

Lebensmittel-Online-Handel: neue Käufer fehlen

Der Online-Handel für Lebensmittel entwickelt sich weiter ziemlich zaghaft.

Die Deutschen bleiben dem stationären Handel im Bereich der Lebensmittel und Drogeriewaren treu. Denn auch, wenn immer mehr Deutsche gut vernetzt sind und rund 81 Prozent Internetzugang haben, kauft nur jeder sechste deutsche Haushalt (6,6 Mio. von circa 40 Mio. Haushalten insgesamt) zumindest ab und zu Waren des täglichen Bedarfs online ein. Diese Haushalte geben mittlerweile mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr dafür aus, primär für Drogerieartikel und Tierfutter.

Digitales Shoppen etabliere sich aber als Informationsquelle: Für viele beginnt das Einkauferlebnis bereits online. 30 Prozent der Deutschen stöbern auf Händler-Webseiten und informieren sich dort über die Angebote. Trotzdem sei es mit einem reinen Aufschalten des Online-Kanals nicht getan - neue Konzepte seien gefragt. Das zeigt die aktuelle E-Food-Analyse von Analyse-Spezialist Nielsen.

„Die Deutschen nutzen den Online-Handel für Lebensmittel deutlich weniger als für andere Produkte wie bspw. Bücher oder Möbel. Sie schätzen den stationären Handel insbesondere bei frischen Produkten wie Obst und Gemüse“, erklärt Nina Gemkow, Expertin für E-Commerce und Director Analytic Consulting bei Nielsen Deutschland.

Dafür gibt es zwei Gründe: Die Deutschen sind einerseits von der europaweit höchsten Geschäftsdichte an Supermärkten verwöhnt. Andererseits wiegen die Online-Vorteile nicht in allen Bereichen stark genug und ersetzen beim Lebensmitteleinkauf in der Wahrnehmung der Verbraucher nicht unmittelbar die Offline-Routine. „Das heißt aber nicht, dass die Verbraucher komplett offline unterwegs sind. Im Gegenteil: Viele Verbraucher informieren sich im Vorfeld gerne online, nur der letzte Klick zum Warenkorb bleibt im Bereich der Lebensmittel bei den meisten Konsumenten bisher aus“, erklärt Gemkow.

Höchste Geschäftsdichte im europäischen Vergleich

Die Analyse zeigt: Besonders beim Thema Frische vertrauen die Deutschen auf die stationären Händler, lediglich jeder zehnte glaubt an die gleiche Qualität bei Online-Anbietern. Fast jedem zweiten Verbraucher fehlt außerdem beim Online-Kauf das Produkterlebnis vor dem Supermarktregal. So kauft der durchschnittliche Online-Shopper pro Jahr nur rund fünf Mal online ein und gibt pro Einkauf rund 34 Euro aus.

Ein weiterer Grund für die Treue zum stationären Handel in Deutschland: Die Verbraucher sind mit Supermärkten, Discountern, Drogeriemärkten und Co. gut versorgt – auf eine Million Einwohner kommen rund 350 stationäre Geschäfte. Das ist zwei bis drei Mal mehr als das, was französische und britische Verbraucher kennen. Dies ist auch ein Grund dafür, dass der Anteil des Online-Geschäftes mit Lebensmitteln und Drogeriewaren in Frankreich und Großbritannien bei über sechs Prozent liegt, in Deutschland hingegen bei einem Prozent.

Die Käuferbasis stagniert seit Jahren

Der große Durchbruch von E-Commerce insgesamt bliebe laut Nielsen weiterhin aus, da die Käuferbasis seit über fünf Jahren stagniere. Zum Vergleich: Ähnlich wie 2018 haben bereits 2013 knapp 6,5 Millionen Haushalte in Deutschland mindestens einmal pro Jahr online Waren des täglichen Bedarfs gekauft. „Um nachhaltig eine Veränderung der Einkaufsgewohnheiten zu erreichen, und E-Commerce für die Händler profitabel zu machen, braucht es mehr Verbraucher, für die es attraktiv ist, online Lebensmittel einzukaufen“, so Nina Gemkow. Händler und Hersteller müssen sich daher weiter die Frage stellen, wie sie die gelernte Einkaufsroutine mit neuen Konzepten durchbrechen können.

GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.