Den Getränkehersteller gehen die Flaschen und die Kästen aus, weil Verbraucher die Getränke zuhause horten, bis das Corona-Virus vorüber ist. (Foto: GDB)
Den Getränkehersteller gehen die Flaschen und die Kästen aus, weil Verbraucher die Getränke zuhause horten, bis das Corona-Virus vorüber ist. (Foto: GDB)

"Kreislauf gerät ins Stocken"

Das Corona-Virus hat Folgen für die Getränkewirtschaft.

Viele Menschen haben sich nun mit Lebensmitteln zuhause eingedeckt, um so wenig wie möglich in Kontakt mit der Außenwelt zu treten. Die Hamsterkäufe nahmen noch mal zu, nachdem das Bundesamt für Katastrophenschutz die Empfehlung ausgesprochen hat, sich im Falle eines Falles für zehn Tage zuhause mit Lebensmitteln einzudecken.

Die Folgen: Leergeräumte Regale in Supermärkten, in denen zuvor Trockensortimente wie Nudelen, Reis und Konserven oder Hygieneartikel wie Toilettenpapier standen. Ebenso fehlt es auf den Flächen der Lebensmittel- und Getränkemärkte an Wasser- und Bier-Kästen.

Die "Sonderkonjunktur" ist Segen und Fluch zu gleich. Segen, weil die explodierte Nachfrage nach Lebensmitteln die Kassen in den Märkten ordentlich klingeln lassen, einerseits. Andererseits kann vielerorts die Nachfrage nur noch schleppend bedient werden, weil die Lieferketten aufgrund des Virus und des fehlenden Personals langsam ins Stocken geraten. Und: Später, wenn die Pandemie vorüber ist, wird es zu einem drastischen Nachfragerückgang kommen, weil die Verbraucher erst einmal ihre Vorräte aufbrauchen müssen. "Der Konsum ist nicht gestiegen, er hat sich lediglich verschoben", erklären Branchenexperten.

Bei den Getränkeherstellern "gerät der Kreislauf ins Stocken", wie Stefan Müller, Geschäftsführer der hessischen Hassia-Gruppe, vor kurzem der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sagte. Einige Tage komme man mit den bestehenden Flaschenvorräten noch hin, so Müller, aber dann könnte es eng werden. Was ihm ebenfalls Sorgen bereitet: „Normalerweise nutzen wir diese Phase im Jahr, um einen Puffer für die Sommermonate aufzubauen“, sagt der Mittelständler. Daran sei angesichts der großen Nachfrage derzeit nicht zu denken. Müller appelliert an die Verbraucher: „Wir sind sehr, sehr daran interessiert, Leergut zurückzubekommen.“ Neun von zehn der Flaschen, die ein Unternehmen wie Hassia verwendet, sind Mehrwegflaschen.

Man habe ohnehin eine Knappheit bei den Gebinden, sagt Markus Wolff, Vorsitzender der Genossenschaft Deutscher Brunnen der FAZ. Hintergrund sei „der Schub von Plastik zu Glas“. Die in Bonn ansässige Genossenschaft Deutscher Brunnen organisiert für rund 180 Unternehmen – nach ihren Angaben sind das nahezu alle in der Branche – das ständige Kommen und Gehen der Flaschen. Eine Milliarde Exemplare sind insgesamt im Umlauf, mehr als die Hälfte davon mittlerweile aus Glas.

Zwar könnten die Unternehmen laut Wolff jetzt theoretisch neue Flaschen und Kästen anschaffen. Das gehe auch ziemlich schnell. Aber es koste. Und wenn die Nachfrage nicht mehr so hoch sei, stünden die Flaschen dann nicht bei den Verbrauchern, sondern auf den Höfen der Getränkehersteller im Weg. //pip

 

GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.