Einer Branchenumfrage des Deutschen Brauer-Bundes zufolge zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie hat die wirtschaftliche Negativ-Entwicklung im Jahr 2020 für die deutsche Brauwirtschaft historische Dimensionen.
„Die Situation ist dramatisch und in der Nachkriegszeit ohne Beispiel“, so der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes (DBB), Holger Eichele. Laut einer aktuellen Branchenumfrage des DBB melden immer mehr mittelständische und handwerkliche Brauereien drastische und nicht selten existenzbedrohende Umsatzeinbrüche. „Je größer das Gastronomie- und Veranstaltungsgeschäft einer Brauerei, desto verheerender die Verluste", so Eichele.
Bis zu 70 Prozent Umsatzausfälle
Während einige Brauereien, die ihre Biere nur zu einem sehr geringen Anteil in der Gastronomie absetzen, über keine oder nur einstellige Rückgänge beim Umsatz berichten würden, beklage das Gros der Betriebe massive Einbrüche, die in einzelnen Fällen bis zu 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr 2019 betragen und zu hohen Verlusten führen würden, zu deren Ausgleich die Betriebe Jahre brauchen werden, verdeutlicht der DBB das schwere Ausmaß der Krise. Im Mittel hätten die vom DBB befragten Brauereien mit Bier und Biermischgetränken im vergangenen Jahr 23 Prozent weniger umgesetzt als im Vorjahr. Wie stark der in Hektolitern bemessene Bierabsatz bundesweit eingebrochen sei, werde Ende Januar die Jahresmeldung des Statistischen Bundesamtes zeigen. Insbesondere kleinere Betriebe mit bis zu 30 Mitarbeitern, die meist überdurchschnittlich stark vom ausbleibenden Gastronomieabsatz und der Absage von Festveranstaltungen betroffen seien, beklagen laut DBB-Verbandsumfrage Absatzrückgänge von 50 Prozent und mehr. Nur sehr wenige Brauereien, die ihre Biere überwiegend oder ausschließlich über den Handel anbieten würden, hätten 2020 das Vorjahresniveau gehalten. Über alle befragten Brauereien hinweg ergab die Stichprobe ein Absatzminus von durchschnittlich 19 Prozent. Der Brauer-Bund hatte zwischen 16. Dezember und 13. Januar mehr als 80 Brauereien aller Größenklassen befragt. Knapp ein Viertel der Betriebe hat weniger als 30 Mitarbeiter, ein weiteres Viertel bis zu 60. 22 Prozent der befragten Brauereien haben zwischen 60 und 100, 17 Prozent zwischen 100 und 300 Mitarbeiter und letztendlich gut zehn Prozent mehr als 300 Mitarbeiter. Damit zeichne laut DBB auch diese Befragung erneut ein aktuelles Stimmungsbild der Branche, erhebe aber nicht den Anspruch, repräsentativ zu sein.
Mehr staatliche Unterstützung seitens der Brauer gefordert
Die von Bund und Ländern ergriffenen Hilfsmaßnahmen für betroffene Brauereien werden von der Branche weit überwiegend als unzureichend bewertet. Mehr als Dreiviertel der vom Verband befragten Brauereien (79 Prozent) gaben diese Einschätzung ab. Nur jeder zehnte Betrieb erklärte, dass die Unterstützungsmaßnahmen von Bund und Ländern ausreichend seien. Elf Prozent konnten oder wollten die Hilfsmaßnahmen nicht bewerten. Vielfach sei seitens des Staates betont worden, dass zur Abwendung irreversibler wirtschaftlicher Schäden unbürokratische, schnellere und wirksamere Hilfen für betroffene Betriebe höchste Priorität haben müssten. Unter Hinweis auf die enge Verbindung zwischen Brauwirtschaft und Gastgewerbe fordert der DBB daher eine der Gastronomie ähnliche Unterstützung auch für die Braubranche ein. Kritisiert wird von Braubranche in diesem Kontext insbesondere die Benachteiligung von Brauereigaststätten, die als Mischbetriebe keine Hilfe, die mit der für die sonstige Gastronomie gewährten vergleichbar wäre, beantragen könnten. Brauereien beklagten daher, dass sie erhebliche Mengen an Fassbier von der Gastronomie hätten zurücknehmen und vernichten müssen, ohne eine Entschädigung hierfür zu erhalten, erläutert der DBB. Aus Sicht vieler Brauereien wäre eine Wiederherstellung der alten Biersteuermengenstaffel geeignet, gerade kleineren Betrieben zu helfen. Auch eine Verstetigung der Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie sowie die Einbeziehung von Getränken bleibe eine Kernforderung der Braubranche. Daneben sprechen sich die Betriebe für die Ausweitung von Verlustvorträgen aus sowie eine Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes, eine Weiterführung der Kurzarbeiter-Regelung auch nach Ende des Lockdowns sowie eine Beschleunigung der staatlichen Impf-Programme.
Gros der Betriebe befürchtet Verlust zahlreicher Absatzstätten
Auf die Frage, welche Auswirkungen die Corona-Krise mittelfristig auf die deutsche Brauwirtschaft haben könne, äußert sich die Branche "sehr besorgt". 91 Prozent der Betriebe befürchteten den Verlust zahlreicher Absatzstätten durch eine Pleitewelle im Gastgewerbe. Eng beieinander liege laut Umfrage die Sorge vor höheren Steuern und Abgaben als Folge der Corona-Krise (70 Prozent) und die Befürchtung, dass in der Braubranche eine deutliche Zahl von Betriebsaufgaben und Insolvenzen zu erwarten sei (66 Prozent). Eine Stärkung des Online Handels und der Lieferdienste erwarteten 64 Prozent.
Ende des Lockdowns für April befürchtet
In einer digitalen Branchendiskussion am 15. Januar, an der auf Einladung des Deutschen Brauer-Bundes mehr als 100 Experten aus Getränkeindustrie und Getränkegroßhandel teilgenommen hätten, seien die Zukunftsängste der Branche deutlich geworden. 57 Prozent der online befragten Branchenkenner befürchteten, dass eine mehrfache Verlängerung des Lockdowns erst Anfang bis Mitte April zu einer Wiedereröffnung des Gastgewerbes in Deutschland führen könnte. 29 Prozent rechneten sogar mit Mai. Nur 14 Prozent sähen bereits für Anfang bis Mitte März eine Perspektive. Gut die Hälfte (52 %) der Branchenkenner erwarte laut DBB-Erhebung, dass das Gastgewerbe 2021 nur 60 Prozent des normalen Umsatzes der Vorjahre 2019/2018 erwirtschaften werde. Jeder fünfte Befragte rechne damit, dass 70 oder 80 Prozent möglich sein könnten. Dass die Umsätze der Gastronomie dieses Jahr nur 50 Prozent oder weniger des Niveaus der Vorjahre erreichen könnten, befürchte hingegen mehr als jeder Vierte. //dbb/pip