Axel Dahm, Chef der Bitburger Braugruppe, sieht aufgrund der Coronakrise Folgen für den gesamten Bierabsatz. (Foto: Bitburger Braugruppe)
Axel Dahm, Chef der Bitburger Braugruppe, sieht aufgrund der Coronakrise Folgen für den gesamten Bierabsatz. (Foto: Bitburger Braugruppe)

Bitburger: Nationaler Fokus auf nur noch drei Marken

In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sieht Bitburger-Chef Axel Dahm für die Braubranche düstere Zeiten. Dahm rechnet damit, dass der Bierabsatz in diesem Jahr im Außer-Haus-Geschäft mindestens um die Hälfte zurückgehen wird, „vielleicht sogar um 80 Prozent“. Weiterhin sagt er dem Blatt, dass selbst der „erwartete Zuwachs von 2 bis 3 Prozent im Handel den Rückgang im Außer-Haus-Geschäft bei weitem nicht auffangen“ werde. Dies betreffe nicht nur die Gastronomie. Auch das Veranstaltungsgeschäft liege am Boden. „Messen, Kongresse, Betriebsfeste, private Feste – alles wird zurückgefahren“, so Dahm. Selbst wenn es nicht zu eine zweiten Corona-Welle kommen sollte, rechnet der Bitburger-Chef nicht damit, dass sich die Zurückhaltung bei den Verbrauchern wieder legen könnte. Im Gegenteil: „Die Leute werden dauerhaft weniger Bier trinken. Wir rechnen damit, dass sich das Verhalten der Menschen und damit die Märkte auf Dauer verändern.“ Zwar werde seiner Meinung nach der Bierkonsum zu Hause steigen, außer Haus aber nicht. „Wir rechnen damit, dass der Konsum in Gaststätten und Veranstaltungen nach Corona maximal 80 Prozent des alten Marktniveaus erreichen wird“, sagt Dahm gegenüber der FAZ. Dahms Einschätzung nach werden ein Drittel der Gasthäuser und ein Drittel der Hotels die Coronakrise nicht überleben. Zudem werde es dauerhaft weniger Kongresse und Firmenveranstaltungen geben, auch das Mitnahmegeschäft in Flughäfen und Bahnhöfen werde geringer bleiben, meint der Brauerei-Manager. „Geschäftsreisen und damit auch Kongresse und Konferenzen werden dauerhaft um mindestens ein Drittel zurückgehen. Stattdessen werden die Menschen noch häuslicher, zurückgezogener leben, weniger in Restaurants gehen.“ Seine Annahmen begründet Dahm unter anderem auf Marktforschungsergebnisse. Außerdem beliefere Bitburger bundesweit gut 50.000 Restaurants und Gaststätten, um zu einer entsprechenden Markteinschätzung zu kommen.

Konsument wird preissensibler

Auch wenn die Biergärten nun wieder voll seien, sollte man dieses Bild nicht überbewerten: „Zum einen verlagert vor allem die jüngere Generation aktuell ihren Konsum nach draußen, weil Diskotheken und Clubs geschlossen haben. Zum anderen leidet die Innengastronomie noch immer sehr stark.“ Manche Gastwirte hätten schon wieder geschlossen, weil sich die wenigen Besucher für sie nicht rechnen. Dabei spürten viele Menschen die Krise noch gar nicht im Geldbeutel, weil sie über Kurzarbeit gestützt werden. Wenn diese Hilfen aber ausliefen, werde sich das Konsumverhalten noch weiter verändern, warnt Dahm. Das bedeutet: „Die Leute werden preissensibler“, argumentiert der Sprecher der Geschäftsführung. Das sei auch schon in früheren Rezessionen so gewesen. Dahm ist sich sicher: „Wir hatten im Biermarkt jahrelang den Trend weg vom Preis hin zur Qualität, der wird sich nach Corona leider ins Gegenteil verkehren.“ Man sehe jetzt schon, dass das Geschäft in Discountern wieder zweistellig wachse. Der Meinung von Wirtschaftsweisen, dass die Konjunkturkrise relativ kurz sein werde, schließt sich Axel Dahm nicht an. „Für mich ist das Pfeifen im Walde.“ Deutschland werde nach seiner Einschätzung eine schwere Rezession bekommen, mit viel mehr Insolvenzen, als das heute in Deutschland diskutiert werde.

Braugruppe stark betroffen, aber gesund

Dass viele Gaststätten und Hotels verschwinden, habe für Bitburger schwere Folgen: „Wir sind wegen unseres hohen Fassbieranteils im Wettbewerbsvergleich stark betroffen, aber je nach Marke unterschiedlich“, so Dahm. Die Hauptmarke Bitburger habe einen Außer-Haus-Anteil von 25 Prozent, König Pilsener noch mehr, bei Wernesgrüner seien es dagegen nur 5 Prozent. „Als Nummer eins im Fassbiermarkt waren wir über viele Jahre eine der erfolgreichsten und gesündesten Braugruppen“, sagt Dahm. Trotz der Krise sei die Braugruppe gesund. Damit das so bleibe, müsse das Unternehmen jetzt handeln und die Dinge jetzt selbst in die Hand nehmen. Heißt: Man bündele nun die Kräfte, indem man Organisation, Kommunikation und Marketing umstellen werde. Dahm: „Konkret werden wir uns auf drei überregionale Marken konzentrieren. Zuvörderst Bitburger als klare Nummer eins. Als Zweites Benediktiner, die Marke für Weizen und Weißbier, die wir für das Kloster Ettal weiterentwickeln. Als Drittes Köstritzer, Marktführer im kleinen, aber interessanten Schwarzbiersegment.“ Diese Marken werde man überregional weiter ausbauen. Marken wie König Pilsener, Licher und Wernesgrüner sollen sich auf ihre jeweiligen Stammgebiete in den Regionen konzentrieren. Um es konkret zu machen: „Künftig soll nicht mehr jede Marke zum Bespiel ihren eigenen naturtrüben Radler entwickeln und gesondert in den Markt bringen. Wir werden unsere Kräfte in der Organisation und im Vertrieb bündeln und die Kommunikation umstellen“, erklärt Dahm gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Eine Bereinigung des Markenportfolios oder Standortschließungen schließt der Brauerei-Manger aus. Dafür müsse die Bitburger Braugruppe zum ersten Mal nach dem Ende des zweiten Weltkrieges Stellen streichen. Solch eine Entscheidung sei gerade als Familienunternehmen besonders hart.

Brauereiübernahmen nicht ausgeschlossen

In Zukunft möchte man klassische Werbung und Sponsoring zurückfahren und stärker auf digitale Kommunikation setzen. Das Online-Geschäft sei schon in der Krise gewachsen, und das werde so weitergehen, ist Dahm überzeugt. Dies bedeutet auch, dass das Unternehmen künftig weniger in klassische Medien wie Zeitschiften oder in TV-Spots investieren möchte. Als Billiganbieter wie beispielsweise Oettinger möchte Dahm mit Bitburger nicht reüssieren. Es passe weder zur Unternehmensphilosophie noch zu unserer Unternehmensstruktur. „Man muss sich entscheiden: Qualitäts- oder Kostenführer.“ Man könne sich zudem auch bei der Marktkonsolidierung nicht heraushalten, „wenn wir weiter den Mark aktiv gestalten wollen“, erklärt Dahm. //pip

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GZ 06/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Spezi-Boom

Die Kategorie Cola-Mix zeigt sich als wahrer Wachstumstreiber. Trotz immer stärkerer Diversifizierung des Marktes scheint der Spezi-Peak für Branchenkenner aber noch längst nicht erreicht.

Gastkommentar: Patrick Peters

Patrick Peters, Marktsegmentmanager Softdrinks bei der Döhler Group, zeigt einige Faktoren auf, weshalb Cola-Orange-Limonaden derzeit eine nach seiner Ansicht nach bemerkenswerte Popularität erlangt haben. Wie lange die Spezi-Welle anhält, liege aber letztlich an der Entscheidung der Konsumenten.

Aktuelles Interview: Sebastian Priller-Riegele

Sebastian Priller-Riegele, Geschäftsführer der Riegele Bier-Manufaktur, spricht über den Erfolg von seinem Spezi, den aktuellen Hype der Cola-Mixes und Win-Win-Partnerschaften.