Flick übernimmt Hochheimer Einzellage "Königin-Victoriaberg"

Die berühmte Rheingauer Einzellage "Königin-Victoriaberg" in Hochheim hat mit dem Jahrgang 2010 einen neuen Pächter: Das VDP-Weingut Joachim Flick in Flörsheim-Wicker hat den fünf Hektar großen Weinberg vom Weingut Hupfeld (Oestrich-Winkel/Rheingau) übernommen.

Weingutsinhaber Reiner Flick räumte ein, "schon immer über Betriebserweiterung nachgedacht zu haben" - und freut sich nun darauf, "den nicht nur in England guten Ruf dieser Lage noch zu mehren und zu stärken". Mit dem Königin-Victoriaberg, dessen Erträge bereits zur Hälfte im Ausland abgesetzt werden, bekomme sein Gut "das Potenzial, sich im Export noch weiter profilieren" und angesichts eines Exportanteils von etwa zehn Prozent noch größere Märkte bedienen zu können. So sollen die Exporte in die USA und nach Kanada ausgeweitet, auch der "schwierige Markt Großbritannien" weiter bedient werden.

Die britische Botschaft in Berlin, die den Wein vom Victoriaberg bei königlichen Staatsempfängen ausschenkt, wird schon seit vielen Jahren beliefert. Nach dem Kauf der im Jahr 1281 erstmals erwähnten Einzellage Nonnberg sei das Weingut Flick nun einer der wenigen Betriebe in Deutschland mit zwei Monopollagen. Aus der von Reiner Flick in diesem Jahr bereits bewirtschafteten Lage Königin-Victoriaberg wurden etwa 25.000 Flaschen Wein "in guter Qualität, aber mit einer Menge wie im Jahr 1980" erzeugt. "Alle Qualitäten" seien vertreten, darunter eine Beerenauslese mit 150 Oechsle. Ein Teil der Weine werde bereits im 2008 neu errichteten Holzfasskeller ausgebaut: "Wir sind nun sehr gespannt, wie es mit der Entwicklung dieser Weine und der Lage weitergeht".

Mit der fünf Hektar großen Fläche des Victoriabergs konnte Reiner Flick seine von 86 Prozent Riesling dominierte Fläche auf jetzt 19 Hektar ausweiten. Den elterlichen Betrieb hatte er 1992 noch mit drei Hektar Rebflächen übernommen. Nach weiteren Zukäufen und einem konsequenten Qualitätsstreben folgte 1999 die Aufnahme in den VDP Rheingau. Heute sind 90 Prozent der Lagen in Wicker, Flörsheim und Hochheim - darunter auch die Spitzenlagen Wickerer Mönchsgewann, Wickerer Stein und Hochheimer Hölle - als "Erste Lage" klassifiziert. Zu eventuellen Änderungen bei der Stilistik der Weine vom Victoriaberg äußert sich Reiner Flick zurückhaltend: "Wir sind als Winzer doch nur Geburtshelfer der Weine, deren Qualität zu 90 Prozent aus dem Weinberg stammt. Allerdings hat natürlich jeder Winzer seine eigene Stilistik". Eine Änderung dürfte auch beim historisch gewachsenen Etikett anstehen: Es soll vielleicht "etwas entschlackt" werden.

Besitzer Henning Hupfeld sagte zum historischen Hintergrund der berühmten Lage, dass die englische Königin Viktoria und ihr deutscher Gatte Prinz Albert 1845 bei einer Rheinreise auf Einladung von Winzer Georg Michael Papstmann auch Hochheim besucht hätten, um dem Geheimnis der in England sehr geschätzten "hocks" auf die Spur zu kommen. Schon damals sei der Spruch "A good hock keeps off the doc" - ein guter Hochheimer erübrigt den Arzt - weithin bekannt gewesen. 1850 wurde Papstmann urkundlich das Recht eingeräumt, das besuchte Areal "Königin-Victoriaberg" nennen zu dürfen. 1854 folgte die Errichtung des heute noch bestehenden Denkmals zur Erinnerung an den königlichen Besuch - und seit etwa 1860 sind die Flaschen mit einem traditionellen Etikett geschmückt, das nach offizieller Erlaubnis nicht nur Weinblätter und Trauben, sondern auch das Familienwappen der englischen Monarchie zeigt.

Der Königin-Victoriaberg war 1917 in den Besitz des Ingelheimer Weingutes Neus gelangt; 1973 wurde es durch die Heirat von Irmgard Neus und Arndt-Richard Hupfeld Teil der Rebflächen des Weingutes Hupfeld. In den heutigen Betrieb, der sich der Konkurrenz immer größer werdender Betriebe im Rheingau ausgesetzt sah, hätte nun auch investiert werden müssen, erläuterte Hiltrud Hupfeld mit sichtlich schwerem Herzen die Entscheidung zur Verpachtung. Auch sei die Nachfolge durch die Töchter "sehr ungewiss" gewesen.

Wilhelm Weil, Inhaber des Weingutes Robert Weil in Kiedrich und Vorsitzender des VDP Rheingau, bescheinigte dem Viktoriaberg, "nicht nur eine Rheingauer, sondern eine deutsche Spitzenlage" mit guten Exportaussichten zu sein. Sie bereichere den Exportanteil des VDP Rheingau, der derzeit - je nach Jahrgang - zwischen etwa 10 und 20 Prozent der Produktion liege. Auch wenn zukünftig "ein verstärktes Augenmerk auf die heimischen Märkte" gelegt werden sollte, werde der Exportanteil weiter wachsen, zeigte sich Wilhelm Weil überzeugt. Der Königin-Victoriaberg sei jedenfalls "eine authentische Lage mit eigenem Profil, die von der Familie Hupfeld in der globalen Konkurrenzsituation sehr gut gepflegt" worden sei. Den beiden beteiligten Familien sei zu der "absolut logischen und nachvollziehbaren Entscheidung" zur Verpachtung und zur Übernahme durch Joachim Flick zu gratulieren.

Auch der britische Honorarkonsul, Dr. Rainer Stephan aus Frankfurt, dankte der Familie Hupfeld für den "liebevollen Umgang mit der berühmten Lage" und zeigte sich für deren Zukunft optimistisch: Der Name Königin-Victoriaberg habe "viel Potenzial für eine kontinuierliche Vermarktung in England und weltweit": Diesem Wein "bin ich in London schon oft begegnet, auch in Japan ist er sehr bekannt".

Quelle: ddw / mw

ddw 08/24 vom 19. April 2024

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