Durchführungsverordnungen zur Önologie und zur Kennzeichnung

Im EU-Amtsblatt Nr. L 193 vom 24. Juli 2009 wurden die Durchführungsverordnungen der EU-Kommission zu den önologischen Verfahren/Einschränkungen und zum Weinbezeichnungsrecht veröffentlicht. Beide Verordnungen gelten ab dem 1. August 2009.

Önologische Verfahren und Einschränkungen
Anders als das bisherige Verzeichnis der zugelassenen Verfahren und Behandlungen in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999, wo jeweils eine getrennte Liste der zulässigen önologischen Verfahren und Behandlungen für Vorerzeugnisse, RTK und Weine vorgesehen ist, werden diese Regelungen nunmehr in einer Liste, differenziert für die drei genannten Kategorien festgelegt. Zusammenfassend sind die wesentlichen Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 606/2009 gegenüber dem bisherigen Recht dargestellt:
• Erzeugnisse, die durch den Einsatz neuer önologischer Verfahren zu Versuchszwecken gewonnen wurden, können künftig auch in einem anderen als dem betreffenden Mitgliedstaat vermarktet werden, wenn die zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats von dem den Versuch erlaubenden Mitgliedstaat im Voraus über die Zulassungsbedingungen und die betreffenden Mengen unterrichtet worden sind. Bisher ist die Vermarktung von Versuchsweinen in anderen Mitgliedstaaten nur möglich, sofern es sich bei dem zu Versuchszwecken zugelassenen önologischen Verfahren um ein von der OIV anerkanntes Verfahren handelt.
• Das bisherige Verschnittverbot von rotem und weißem Tafelwein wird für einfachen Wein aufgehoben. In Artikel 8 Abs. 1 dieser Verordnung erfolgt jedoch die Festlegung, dass der Verschnitt eines Weißweins ohne g.U./g.g.A. mit einem Rotwein ohne g.U./g.g.A. keinen Roséwein ergeben darf.
• Die Säuerung wird künftig auch mit Milchsäure und Apfelsäure zugelassen (Anhang I A, Ziffer 12).
• Die bisher nur für die Weinbereitung zugelassene Verwendung von Eichenholzstücken wird künftig auch für den Weinausbau, einschließlich für die Gärung von frischen Weintrauben und Traubenmost zugelassen (Anhang I A, Ziffer 38 unter den in Anlage 9 festgelegten Bedingungen).
• Die teilweise Entalkoholisierung von Wein wird zugelassen (Anhang I A, Ziffer 40 in Verbindung mit Anlage 10). Bei den in Anlage 10 geregelten Vorschriften für die Behandlung zur teilweisen Entalkoholisierung von Wein ist u.a. festgelegt, dass die Verringerung des vorhandenen Alkoholgehalts 2 % vol nicht überschreiten darf. Zudem ist festgelegt, dass der betreffende Wein nach der Entalkoholisierung den vorgegebenen vorhandenen Mindestalkoholgehalt von 8,5 % vol in den Weinbauzonen A und B sowie von 9,0 % vol in den anderen Weinbauzonen aufweisen muss.
• Die SO2-Werte unterhalb von 300 mg/l werden um jeweils um 10 mg abgesenkt, dafür wird der Wert für die Ausnahmeregelung bei besonderen Witterungsverhältnissen von 40 auf 50 mg erhöht. (Anhang I B)
• Die Süßung von Wein mit RTK wird generell zugelassen und der Gesamtalkoholgehalt des betreffenden Weines darf durch die Süßung mittels Traubenmost, konzentriertem Traubenmost und RTK um maximal 4 % vol erhöht werden (Anhang I D). Bisher ist die Süßung mit konzentriertem Traubenmost und RTK ausschließlich für nicht angereicherte Weine zugelassen mit der Vorgabe, dass der Gesamtalkoholgehalt des betreffenden Weins um nicht mehr als 2 % vol erhöht wird.
• Die Grenzwerte für den Gehalt der Weine an flüchtiger Säure werden in Anhang I C entsprechend den bisher in Anhang V Abschnitt B der Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 festgelegten Werten festgesetzt (18 Milliäquivalent/l für Weißwein u. Roséwein; 20 Milliäquivalent/l für Rotwein). Anders als im bislang geltenden Recht, wo abweichende Werte in einer Durchführungsverordnung der Kommission festgesetzt wurden (Artikel 24 iVm Anhang XVI der VO (EG) Nr. 423/2008, so z.B. bei deutschem Wein: 30 Milliäquivalent/l für Eiswein und Beerenauslese, 35 Milliäquivalent/l für Trockenbeerenauslese), verzichtet das EU-Recht auf die Festsetzung abweichender Werte. Stattdessen ist in Anhang I C der Verordnung (EG) Nr. 606/2009 vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten diese Ausnahmen der EU-Kommission mitteilen.

Weinbezeichnungsrecht
In Artikel 26 (Analytische und Organoleptische Untersuchung) ist in Absatz a Buchst i) vorgesehen, dass bei der analytischen Prüfung der Weine mit g.U./g.g.A die flüchtige Säure obligatorisch zu bestimmen ist. Artikel 28 regelt die Voraussetzungen für die Umwandlung einer geschützten Ursprungsbezeichnung in eine geschützte geographische Angabe.Ein weiteres Kapitel befasst sich mit dem Verfahren zur Anerkennung und dem Schutz traditioneller Begriffe. So ist in Artikel 29 Abs. 1 festgelegt, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder Drittländer oder die in Drittländern ansässigen repräsentativen Berufsorganisationen der Kommission einen Antrag auf den Schutz traditioneller Begriffe im Sinne von Artikel 54 der Verordnung (EG) Nr. 479/2008 vorlegen können. Artikel 48 (Bestehende geschützte traditionelle Begriffe) bestimmt, dass traditionelle Begriffe, die gemäß den Artikeln 24, 28 und 29 der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 geschützt sind, automatisch im Rahmen der vorliegenden Verordnung geschützt sind, sofern a) der Kommission bis zum 1. Mai 2009 eine Zusammenfassung der Begriffsbestimmung und der Verwendungsbedingungen übermittelt wurde, b) die Mitgliedstaaten oder Drittländer den Schutz bestimmter traditioneller Begriffe nicht eingestellt haben.

Wie im bisherigen Bezeichnungsrecht gilt das sog. Missbrauchsprinzip und die Dreiteilung in obligatorische Angaben, definierte fakultative Angaben und andere fakultative Angaben. Artikel 55 regelt die Angabe der Herkunft. Neu ist, dass auch für Weine mit geschützter Urs-prungsbezeichnung (Qualitäts- u. Prädikatswein) oder geographischer Angabe (Landwein) ein Hinweis auf den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Trauben geerntet und zu Wein verarbeitet wurden, erfolgen muss, in Deutschland durch die Wörter "Wein aus Deutschland", "erzeugt in Deutschland" oder "Erzeugnis aus Deutschland" oder entsprechende Begriffe.

Die obligatorischen Geschmacksangaben für Schauwein wurden zum Teil in Anlehnung an das OIV-Reglement um 3 g/l abgesenkt. Im Gegenzug wird in Artikel 58 Abs. 3 für Schaumwein eine Toleranz von 3 g/l bei der Geschmacks-/Zuckergehaltsangabe festgelegt. Artikel 63 regelt die näheren Kontroll- und Zertifizierungsvorschriften für die Rebsorten- und Jahrgangsangabe bei Weinen ohne geschützte Ursprungsbezeichnung oder geographische Angabe. Neu ist, dass für Stillwein eine Toleranz von 1 g/l bei der Geschmacksangabe zugelassen wird. In Absatz 4 erfolgt die Festlegung, dass für Likörwein, Perlwein und Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure die in Absatz 1 für Stillwein festgelegten Werte nicht gelten, sofern die Mitgliedstaaten oder Drittländer die Bedingungen für die Angabe des Zuckergehalts regeln. Damit gelten in Deutschland für Perlwein und Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure weiterhin die in § 41 Abs. 2 Weinverordnung festgelegten Werte für die Geschmacksangaben
• "trocken", bei einem Restzuckergehalt zwischen 0 und 35 g/l
• "halbtrocken", bei einem Restzuckergehalt zwischen 33 u. 55 g/l
• "mild", bei einem Restzuckergehalt von mehr als 50 g/l.

Gemäß Abs. 1 können die Mitgliedstaaten für in ihrem Hoheitsgebiet hergestellte Weine mit geschützter Ursprungsbezeichnung oder geographischer Angabe die Angaben gemäß den Artikeln 61 (Erntejahr), 62 (Name der Keltertraubensorte), 64 (fakultative Angabe des Zuckergehalts), Artikel 65 (Angabe des Gemeinschaftszeichens), Artikel 66 (Angabe bestimmter Erzeugungsverfahren) und 67 (Angabe einer kleineren oder größeren geographischen Einheit) zwingend vorschreiben, verbieten oder hinsichtlich ihrer Verwendung einschränken. Für in ihrem Hoheitsgebiet hergestellte Weine ohne Ursprungsbezeichnung oder geographische Angabe können die Mitgliedstaaten die Angaben in den Artikeln 64 (fakultative Angabe des Zuckergehalts) und 66 (Angabe bestimmter Erzeugungsverfahren) zwingend vorschreiben.

Von besonderer Bedeutung ist folgende Übergangsbestimmung, die wie folgt formuliert ist: "Vor dem 31. Dezember 2010 vermarktete oder etikettierte Weine, die den vor dem 1. August 2009 geltenden relevanten Bestimmungen entsprechen, dürfen bis zur Erschöpfung der Bestände vermarktet werden." Über die Tragweite dieser Regelung bestehen derzeit unterschiedliche Auffassungen. Hier stellt sich u.a. die Frage, ob es noch einen Tafelwein des Jahrgangs 2009 und ggf. 2010 geben kann.

Quelle: Deutscher Weinbauverband

ddw 08/24 vom 19. April 2024

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