Ausgabe 24/2019

Dialog ist gefragt

ddw24/2019

Mit Schweigen ändert man nichts! Nur dem, der redet,
kann geholfen werden.
Getreu diesem Gedanken bewegen seit mehreren
Wochen zahlreiche Landwirte und Winzer
ihre Traktoren quer durch die Republik. Auf
zahlreichen Demonstrationen und mit unterschiedlichen
Aktionen versucht sich die Landwirtschaft,
Gehör bei Politik und in der Öffentlichkeit zu
verschaffen. Regelmäßiger und insbesondere direkter Austausch
mit den politischen Vertretern ist daneben unerlässlich.
Nach wie vor sind deshalb Parlamentarische Abende
ein geeignetes Format für einen intensiven Austausch mit
der Politik. Genau zur richtigen Zeit konnte der Deutsche
Weinbauverband e.V. (DWV) in der vergangenen Woche in
Berlin Abgeordnete und Vertreter der Ministerien auf seinem
Themenabend zu Nachhaltigkeit im Weinbau begrüßen. Die
Branche nutzte dieses Forum, um in intensiven Gesprächen
ihre weinbauspezifischen Anliegen bei aktuellen Themen
wie der Düngeverordnung, dem Insektenschutzprogramm
oder den Anwenderschutzbestimmungen zu formulieren.
(vgl. S. 8-9)
Beim Thema »Dialog mit der Politik« muss
ich zwangsläufig daran denken, wie vor einigen
Jahren meine Arbeit im Brüsseler
Verbandsleben begann. Zu meiner ersten
Lektüre gehörte eine Mitteilung der EUKommission
mit dem Titel »Hin zu einer
verstärkten Kultur der Konsultation und des
Dialogs«, die ich jetzt aus aktuellem Anlass
nochmals aus der Schublade hole. »Umfassende
Beteiligungen der Interessengruppen
helfen zu gewährleisten, dass die der Legislative
vorgelegten Vorschläge solide sind. Eine vernünftige
Konsultation dient gleichzeitig der Qualität der Politik und
der Einbindung der betroffenen Parteien«, so die 15 Jahre
alten, aber nach wie vor zutreffenden Äußerungen der EUKommission.
Eigentlich ist allen bewusst, dass Politik und
Verbände vom wechselseitigen Austauschverhältnis profitieren:
Die politischen Entscheidungsträger erhalten durch
die präzise fachliche Expertise der Verbände detaillierte und
strukturierte Informationen für die technisch gute Rechtsetzung
bei komplexen Regelungsmaterien und die Verbände
profitieren durch die damit verbundene Möglichkeit der
Einflussnahme. Wenn ich mir nun die Entwicklungen beim
Thema Anwenderschutz oder bei der Düngeverordnung in
den vergangenen Monaten anschaue, muss ich doch nochmals
betonen, wie wichtig insbesondere auch der frühzeitige
Austausch ist.
Der Politik sei es wichtig, über alle aktuellen politischen
Entwicklungen im Dialog mit der Weinbaubranche zu bleiben
– so die Aussage von Staatssekretär Aeikens in seinem
Grußwort. Bei vielen horizontalen Themen, welche die
Landwirtschaft insgesamt betreffen, bestünden spezielle Belange
des Weinbaus, die man versuchen werde, besser in die
laufenden Gesetzgebungsverfahren zu integrieren. Diese Zusage
sollte uns ermutigen, unsere Bemühungen fortzusetzen
und weiter auf Aufklärung und Dialog zu setzen. Denn auch
das haben die letzten Wochen insbesondere bei der Diskussion
um das Thema Insektenschutz gezeigt: Oft werden Ziele
richtig formuliert, aber die falschen Maßnahmen definiert.
Daher müssen wir im Dialog auf falsche Folgenabschätzungen
oder auf die Praxisuntauglichkeit von vorgeschlagenen
Maßnahmen hinweisen.
Die Rolle der Öffentlichkeit und der Gesellschaft
darf bei diesen politischen Entwicklungen
allerdings nicht mehr außer
Acht gelassen werden. Auch beim Thema
Nachhaltigkeit sieht sich der Weinbau weitreichenden
Forderungen
der Verbraucher ausgesetzt.
Gegenüber dem
Verbraucher ist umfassende
Aufklärung
vonnöten. Solange er
nicht bereit ist, einen ausreichenden
Beitrag etwa in Form von höheren Lebensmittelpreisen
zu leisten, wird die
ohnehin sehr komplexe Gleichung der
Nachhaltigkeit nicht aufgehen können.
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