Ausgabe 23/2018

Leben Totgesagte länger? (eine Allegorie aus Stuttgart)

ddw23/2018

Diese Frage ist nicht mit »ja« oder »nein« zu beantworten, denn es gibt Totgesagte, die tatsächlich nicht mehr leben und andere, die sich allen Unkenrufen zum Trotz bester Gesundheit erfreuen. Prominente Vertreter der Toten sind die Schreibmaschinen. Bereits 2003 wurden sie aus dem Verbraucherpreisindex gestrichen, da sie fast vollständig von PCs und Druckern ersetzt worden waren. Für das Jahr 2013 meldet der Hersteller Olympia zwar noch den Verkauf von 8.000 elektrischen Schreibmaschinen in Deutschland, die zum Ausfüllen von Formularen genutzt wurden, aber schon heute gibt es weltweit nur noch einen einzigen Hersteller mechanischer Schreibmaschinen und der sitzt in Shanghai. Allerdings lassen sich auch einige Totgesagte finden, die sich gegen alle Widerstände etabliert haben, beispielsweise der Plattenspieler. Er hat trotz CD-Player, iPod und digitalem Streaming überlebt. So auch das Radio. Sein vermeintliches Ende wurde sogar im Hit »Video Killed The Radio Star« besungen. Ironischerweise läuft der Song heute noch in fast jedem Haushalt im Radio, während der Musiksender MTV, der seinen Programmstart 1981 mit diesem Lied untermalte, in der Bedeutungslosigkeit verschwunden ist. Was aber unterscheidet die Lebenden von den Toten? Die einen haben den Bedarf des Marktes erkannt, sich rechtzeitig an veränderte Gegebenheiten angepasst oder sich eine passende Nische gesucht, während die anderen an mangelnder Weitsicht oder Selbstüberschätzung zu Grunde gegangen sind. Dann gibt es noch die, die einfach da sind, weil die Menschen sie lieben. Und zu guter Letzt soll es sogar Tote geben, die wieder zum Leben erweckt wurden. Seit dem Aufkommen von WikiLeaks besteht in Russland ein gesteigertes Interesse an vor Hackern sicheren Schreibmaschinen, hört man.