Ausgabe 22/2017

»Ich habe kein Problem mit Alkohol, nur ohne.«

ddw22/2017

Dieser markige Spruch ziert häufig T-Shirts, die kaum dazu geeignet sind, die bierbäuchigen Leiber ihrer Träger zu umspannen, welche sie an einschlägigen Strandbars unter südlicher Sonne zur Schau stellen. Der Satz ist scherzhaft gemeint, birgt aber eine ernste Wahrheit: Für viele ist ein Leben ohne Alkohol kaum vorstellbar. Aus professioneller Sicht und als Genussmensch zähle ich mich ebenfalls zu dieser Gruppe - ohne das freilich auf meiner Kleidung kundzutun. Wie aber geht man mit dieser Tatsache um? Wichtig ist zunächst, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass der Konsum von Alkohol nicht nur positive Aspekte mit sich bringt, sondern auch Gefahren birgt – besonders, wenn er in einer gewissen Regelmäßigkeit stattfindet, zur Gewohnheit wird oder, wie in unserer Branche, einfach selbstverständlich ist. Mein Ansatz, die Gewohnheit zu unterbrechen, sind »weiße Wochen«. Zweimal im Jahr verzichte ich für längere Zeit auf den Genuss von Alkohol. Nicht aus gesundheitlichen Aspekten, sondern um des bewussten Verzichts willen. Das ist nicht ganz einfach. Ich stelle immer wieder fest, wie viele Trinkanlässe sich bieten, weil sie quasi institutionalisiert sind. Es gibt den Feierabendwein, Sekt zum Anstoßen auf Familienfeiern, zum Sonntagsfrühstück, nach dem erfolgreichen Shopping mit der Frau und ganz wichtig: den Wein zum Essen. Für mich ist dieser Verzicht die größte Herausforderung, denn beim Essen wird klar, warum Wein eine so entscheidende Rolle spielt. Er ist das perfekte Getränk. Wasser ist zu neutral, Saft zu eindimensional und Tee oder Kaffee gehören höchstens auf den Frühstückstisch. Wein ist alternativlos, deshalb freue ich mich schon jetzt auf die Zeit nach den »weißen Wochen«. Das Schönste am Verzicht ist nämlich, dass man das, worauf man verzichtet hat, danach noch mehr zu schätzen weiß.