Ausgabe 16/2016

Editorial
DER DEUTSCHE WEINBAU Ausgabe 16/2016

Auf Facebook & Co. kann man seit einiger Zeit eine unerfreuliche Entwicklung beobachten: den Verlust der Streitkultur. Es ist nicht etwa so, dass dort nicht gestritten würde – ganz im Gegenteil – es wird sogar sehr viel gestritten, allerdings häufig ohne Manieren. Es wird gehetzt, beschimpft und beleidigt, nicht selten weit unterhalb der Gürtellinie. Man kann natürlich den Verlust gepflegter Diskussionen bedauern und sich aus den sozialen Medien zurückziehen, aber das hilft nichts, wenn sich dieses eigentlich virtuelle Phänomen in der realen Welt fortsetzt.
Ein Beispiel für mangelnde Streitkultur bietet sich aktuell auch im Weinbau – Stichwort: Glyphosat. Hier schlagen nicht nur bei Facebook die Streitwellen hoch. Ich war schon sehr überrascht, als ich neulich in der WEINWIRTSCHAFT las, dass einer der bekanntesten Bio-Weinhändler des Landes zum Boykott badischer Weine aufruft, weil sich der dortige Weinbaupräsident für den Einsatz von Glyphosat einsetzt. Ich bin kein Freund von Glyphosat, aber ich bin überzeugt davon, dass man den Befürwortern besser sachliche Argumente anstelle von persönlichen Beleidigungen hätte entgegensetzen sollen. Argumente bringen eine Diskussion voran. Unsachliche Angriffe hingegen verhärten nur unnötig die Fronten. Insofern hat der Streiter für den Bioweinbau sich und anderen einen Bärendienst erwiesen. Lassen Sie uns also weiter streiten, aber bitte sachlich. 

Holger Klein
stellv. Chefredakteur DER DEUTSCHE WEINBAU
[email protected]