Ausgabe 12/2018

Willkommenskultur

ddw12/2018

Flüchtlingskrise konfrontiert sehen, diskutieren
wir, teilweise heftig, über Willkommenskultur.
Dabei geht es um die Frage, wie man sich angesichts
einer zunehmenden Zahl Zuwandernder
als Einwanderungsland oder Bürger eines solchen
verhalten soll. Die Reaktionen reichen von
»Fähnchenschwingen am Bahnhof« bis hin zu
der Forderung »die Grenzen dicht zu machen«.
Die Wahrheit ist vermutlich irgendwo zwischen
diesen beiden Extremen zu finden. Besonders
deutlich wurde mir das bei einem Besuch zweier
renommierter Firmen für Weinbautechnik
(Seite 27). Beide sind international tätig, beide
haben volle Auftragsbücher und beide haben ein
Problem: Sie finden keine Arbeitskräfte. Aus Sicht
der beiden Unternehmer gibt es keine »Flüchtlingskrise
«, vielmehr besteht aus ihrer Sicht eine
Notwendigkeit für Zuwanderung. Die Firmeninhaber
beschäftigen, wie zahlreiche andere
Unternehmer, schon jetzt Zugewanderte und
werden das künftig noch häufiger tun. Schließlich
will die Nachfrage aus aller Welt bedient werden.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) definierte Willkommenskultur übrigens
so: »Neu-Zuwandernde anhand attraktiver
Rahmenbedingungen Willkommen heißen und
anerkennend in die Gesellschaft aufnehmen«.
Es ergänzt: »Willkommenskultur richtet sich an
alle legalen Neu-Zuwandernden.« Das BAMF
steht zwar aktuell berechtigterweise in der Kritik
wegen der Ausstellung tausender unrechtmäßiger
Asylbescheide, was die Gegner der Willkommenskultur
in ihrer Skepsis und
Ablehnung bestärkt, dafür können
die legal Zugewanderten aber am
allerwenigsten. Es lohnt sich deshalb,
darüber nachzudenken, wie wir
diese Menschen Willkommen heißen
können – auch und gerade auf dem
Arbeitsmarkt. Das Beispiel der
beiden Firmen zeigt, dass
die Devise »Fordern und
Fördern« ein guter Weg
sein könnte.