Ausgabe 02/2020

GAP-Reform und Brexit
ddw02-2020

Auf nationaler Ebene steht dem deutschen Weinsektor
mit der geplanten Weingesetzreform ein
spannendes und diskussionsreiches Jahr bevor.
Doch auch auf europäischer und internationaler
Ebene wird es dieses Jahr nicht langweilig
werden: Der in der letzten Legislaturperiode begonnene
Reformprozess der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nimmt
2020 wieder Fahrt auf. Aufgrund des letzten Abstimmungsergebnisses
in Großbritannien geht das Thema »Brexit« in
die nächste – vorrausichtlich letzte – Runde. Und auch mit
den US-Strafzöllen werden wir uns leider weiter beschäftigen
müssen. Bei diesem Thema muss Europa einerseits Geschlossenheit
zeigen, um zu einer schnellen Verhandlungslösung
zu kommen. Andererseits ist auch Solidarität gefragt, um den
Betroffenen den notwendigen finanziellen Ausgleich zu ermöglichen.
Europa hat im Mai vergangenen Jahres gewählt. Das Interesse
der Bevölkerung an Europa war erfreulicherweise
gestiegen und hat sich in der seit zwanzig Jahren höchsten
Wahlbeteiligung (51 %) niedergeschlagen. Angesichts
der Bedeutung und des Einflusses
der europäischen Politik auf die nationale
Gesetzgebung ist das jedoch weiterhin viel
zu wenig. Die großen Volksparteien haben
nicht von diesem gesteigerten Interesse des
Bürgers an Europa profitiert. Die politischen
Kräfteverhältnisse in Europa sind kräftig
durchgeschüttelt worden. Die großen Volksparteien
– Konservative und Sozialisten –
mussten deutliche Stimmenverluste hinnehmen. Liberale und
vor allem Grüne, allerdings auch Vertreter der europakritischen,
rechten und linken Flügel haben an Einfluss gewonnen.
Diese neue Konstellation wird in weiteren Verhandlungen
der Agrar-und
Weinbaupolitik für Spannung sorgen und
die Diskussionen bei umwelt- und alkoholpolitischen Themen
anheizen. Die EU-Kommission hatte bereits im Sommer 2018
ihre Vorschläge zur GAP-Reform veröffentlicht. Schnell war
klar, dass eine beträchtliche Kürzung des Gesamtbudgets des
Agrarsektors um fast 5 Prozent geplant ist. Insbesondere in
der 2. Säule waren empfindliche Kürzungen vorgesehen. Die
nationalen Stützungsprogramme des Weinsektors sollten hingegen
im Rahmen der neuen nationalen Strategiepläne erhalten
bleiben.
Die Kürzungen mögen zwar – nicht zuletzt wegen des Brexit
– notwendig sein, sind jedoch, angesichts der Forderung
der Gesellschaft nach einer grüneren Agrarpolitik, als sehr
problematisch einzustufen. Eine grünere GAP kann jedenfalls
nicht ohne ein stabiles Budget umgesetzt werden.
Der Agrarausschuss des Europäischen Parlaments hatte bereits
in der letzten Legislaturperiode einige weinspezifische
Regelungen angenommen. Dabei ging es u.a. um eine Verlängerung
des Genehmigungssystems für Neuanpflanzungen
(über 2030 hinaus) und um ein sektorspezifisches Regime für
Wein hinsichtlich der Nähr- und Brennwert- sowie Zutatenkennzeichnung.
Die Europäische Weinbranche ist sich hier
einig, dass an diesen Beschlüssen festgehalten werde sollte.
Weitere vermeintlich kleinere Änderungsvorschläge hinsichtlich
der weinspezifischen Regelungen (z.B. beim Thema
Anreicherung) werden voraussichtlich im weiteren Reformprozess
zu einigen Diskussionen zwischen den südlichen und
den nördlichen Weinbauregionen in Europa führen. Hier ist
Durchhaltevermögen und Verhandlungsgeschick gefragt.
Werfen wir noch kurz einen Blick nach
Großbritannien auf die Schlussphase des
Brexit-Theaters. Schon lange vor dem Brexit
war der drittwichtigste Auslandsmarkt für
deutsche Weine ein schwieriger Markt. Im
letzten Jahr hatten die Brexit-Diskussionen
den Export eher beflügelt,
denn aufgrund der Unsicherheiten
hatten viele
versucht, sich mit
Wein einzudecken. Eine konkrete Aussage
über die Auswirkungen auf den deutschen
Weinexport lässt sich hier weiterhin
kaum treffen. Es wird sicherlich
teuer und kompliziert werden. Zudem
werden die EU-Länder Nachteile gegenüber
Südafrika oder Chile haben, für
die sich ja nichts ändern wird. F