Die Brauerei C. & A. Veltins sieht sich trotz der Covid-19-Krise unverändert stabil und ertragsstark aufgestellt. (Foto: Veltins)
Die Brauerei C. & A. Veltins sieht sich trotz der Covid-19-Krise unverändert stabil und ertragsstark aufgestellt. (Foto: Veltins)

Veltins sieht sich gut gerüstet

Trotz der durch die Corona bedingten dramatischen Einbrüche auf dem deutschen Biermarkt im ersten Halbjahr dieses Jahres sieht sich die Brauerei aus Meschede stabil und ertragsstark aufgestellt.

In ihrer Halbjahresbilanz geht die Brauerei C. & A. Veltins von einer unverändert fordernden Marktlage aus und bilanziert mit einem Ausstoß von 1,50 Mio. hl (-4,5 Prozent) fassbierbedingte Verluste. „Die Gastronomie leidet unter der Last des Lockdowns und der daraus folgenden Reglementierungen – und wir leiden mit“, sagt Veltins-Generalbevollmächtigter Michael Huber. Während das Fassbiergeschäft eigenen Angaben zufolge erst seit Juni wieder anlaufe, konnten während des zweiten Quartals die Flaschenbierabsätze bei Veltins Pilsener zweistellig wachsen. Erfreulich sei dabei auch die Einführung des „Hellen Pülleken“, heißt es seitens des Unternehmens. „Jetzt geht es bei uns um Augenmaß, aber auch um Kompetenz und Marktvertrauen, um die wirtschaftlichen Hürden zu nehmen“, so Huber. Die Brauerei C. & A. Veltins rechnet laut eigener Rechnung für 2020 mit einem Gesamtmarktverlust von 6 Millionen Hektoliter. Frühestens in 30 Monaten seien die belastenden Turbulenzen in der Brauwirtschaft überwunden, ist man seitens der Brauerei überzeugt.

Gastronomie und Eventbereich erleiden historischen Einbruch

 „Es steht außer Frage, dass der deutsche Biermarkt unter den Lockdown-Bedingungen in der Gastronomie und im Eventbereich einen historischen Einbruch erlebt, für viele Partner in der Gastronomie bleibt die Situation existenzgefährdend“, sagt Michael Huber. Wochenlange Schließungen und ein nunmehr eingeschränkter Geschäftsbetrieb führen in vielen Betrieben zu einem Überlebenskampf. „Die meisten Betriebe erreichen nach der Wiederöffnung nur langsam auskömmliche Umsätze“, so Dr. Volker Kuhl, Geschäftsführer Marketing/Vertrieb. „Wir unterstützen unsere Partner inzwischen in vielen Bereichen, damit diese die Krisenzeit überstehen können.“ Über Wochen habe auch bei Veltins kein Fass den Hof verlassen, erst seit Ende Mai erfahre das Veltins-Gastronomiegeschäft wieder eine Belebung, bekundet das Familienunternehmen. Dieses werde mindestens bis Jahresende erzwungen „auf Sparflamme“ laufen. Die Fassbierabsätze lagen im ersten Halbjahr bei 90.370 Hektoliter, das sind 142.550 Hektoliter (-61,2 Prozent) unter dem Vorjahresvolumen. „Wir sehen in der Gastronomie eine durchaus heterogene Entwicklung, weil sich jetzt Standort-, Konzept- und Managementqualitäten unterschiedlich auswirken“, so Dr. Volker Kuhl. Während es für die Gastronomie auf absehbare Zeit unwägbar bleibe, konzentrieren sich Hoffnungen auf das nächste Jahr. „Die Menschen haben unverändert Lust auf Gastronomie und wissen das später wieder unbeschwerte Genusserlebnis mit Menschen ringsherum auch weiterhin zu schätzen – gerade nach Corona-Zeiten!“

Veltins setzt in der Krise ein Signal als starker Partner

Nach eigenem Bekunden habe die Brauerei als erstes Unternehmen der Brauwirtschaft gleich zu Beginn des Lockdowns weitreichende Stützungsmaßnahmen für Kunden im Getränkefachgroßhandel und in der Gastronomie in Millionenhöhe umgesetzt. Michael Huber: „Das Signal, dass Veltins ein verlässlicher Partner in den schwierigsten Marktphasen ist, hat überall für Wohlwollen gesorgt.“ Dafür bereite wenigstens das Handelsgeschäft weniger Sorge. Im Gegenteil: Die Flaschenbierabsätze gingen im Mai und Juni rasant in die Höhe, so dass Veltins Pilsener im ersten Halbjahr einen Absatzzuwachs von 10,1 Prozent erreichte. „Wir haben zeitweise unsere Kapazitätsgrenzen erreicht“, offenbart Dr. Volker Kuhl. Unterm Strich blieb die Marke aufgrund fehlender Fassbiervolumina mit -6,1 Prozent „überschaubar unter Vorjahr“.

Gute geschlagen hat sich trotz der schwierigen  Marktbedingungen das Spezialitätenbier Grevensteiner. Obwohl dort das Fassbiervolumen um -45,5 Prozent unter dem Vorjahr lag, wie es heißt, gehe die Biermarke mit 122.550 Hektoliter (-2,8 Prozent) vergleichsweise unbeeindruckt in die zweite Jahreshälfte. Und selbst die stark an Events gekoppelte Biermix-Marke V+ verzeichnet laut Veltins mit -4,0 Prozent einen überschaubaren Rückgang. „Wir erleben im Einkaufsverhalten eine verlässliche Konsumstimmung, was gerade jetzt Grund zu berechtigtem Optimismus ist“, so Dr. Volker Kuhl. Der Handel habe einen relevanten, auch impulsgebenden Beitrag dazu geleistet, dass die Menschen ihre Lust aufs Bier zu keiner Zeit verloren haben.

Brauerei sieht trotz schwieriger Marktbedingungen keinen Grund zur Schwarzmalerei

Michael Huber sieht nach eigenen Aussagen für eine Schwarzmalerei, die selbst im Premium-Umfeld zu beobachten sei, keinen Grund. „Wer jetzt mit der Marktlage hadert, wird nicht dem Biermarkt, sondern sich selbst zum Opfer fallen“, so Huber wörtlich. Die strukturellen Schwächen der Brauwirtschaft werden nach Einschätzung des Generalbevollmächtigten in den nächsten Jahren stärker zu Tage treten, weil Hilfsmaßnahmen wie Steuerstundungen zwar bei den Symptomen, nicht aber bei den Ursachen abhelfen. Viele Brauereien, so die Einschätzung des Unternehmens, leiden unter einer geringen Eigenkapitalquote, großem Investitionsstau und mangelnder Liquidität. Michael Huber: „Die Brauerei C. & A. Veltins sieht sich unverändert stabil und ertragsstark aufgestellt, um nach der Pandemie schnell zum sorgenfreien Alltagsgeschäft zurückzukehren." Eigenen Angaben zufolge verfügt die Veltins-Brauerei über eine Eigenkapitalquote von 78 Prozent. So können alle Investitionen in Unternehmen und Markt unverändert fortgesetzt werden, lediglich im Marketing mussten Promotionsmaßnahmen aufgrund der Reglementierungen ersatzlos gestrichen werden. Unternehmensintern habe man in allen Bereichen Kosten eingespart, ohne dabei aber Mitarbeiter zu entlassen oder, bis auf wenige Ausnahmen, gar in Kurzarbeit zu schicken. So habe man laut Huber eine Effizienzsteigerung in der Produktion erzielen können. "Wir mussten zeitweise, ein bis zwei Tage Lieferverzögerungen in Kauf nehmen, dafür hatten wir aber eine viel bessere Auslastung gehabt." Natürlich habe man auch beim Marketingaufwand Einsparungen gehabt, weil man beispielsweise im Sponsoring viele Maßnahmen aufgrund der ausgefallenen Events nicht durchführen konnte. "Ebenso haben wir auch Kostenreduzierungen im Vertrieb vornehmen können", sagt der Veltins-Generalbevollmächtigte, "weil wir viele Aktionen am PoS während des Lockdowns nicht fahren konnten."

Keine Übernahmen von überregionalen Brauereien geplant

Den Blick in die Zukunft gerichtet, brauche es nach Veltins-Einschätzung gut 30 Monate, um auch die letzten Wogen des Pandemiejahres zu glätten. Komme aber eine zweite Corona-Welle, so Huber, hätten wir alle kein Rezept. "Solch ein Einschlag wäre dann gewaltig", befürchtet der Veltins-Chef. Grundsätzlich möchte man sich aber nicht an der fortschreitenden Marktkonsolidierung auf dem Brauereimarkt beteiligen. "Es sei denn, es würde sich eine regionale Brauerei auf dem Markt anbieten, die für uns eine weitere Region geografisch mit einem guten Produkt abdecken würde", sagt Huber. Ansonsten sei man was Übernahmen angehe eher zurückhaltend, weil man davon überzeugt sei, dass es nicht gut wäre für das Mutterhaus, wenn man sich plötzlich mit mehreren Marken beschäftigen würde. Dem wäre man als guter Mittelständler so auch nicht gewachsen. "Selbst wenn eine der großen Brauereien auf den Markt käme: Diese zu übernehmen", sagt der Veltins-Oberste, "könnte ich mir finanziell nicht vorstellen, auch nicht unter dem Aspekt, dass der Bierkonsum weiterhin abflauen wird." Die Veltins-Brauerei müsse sich stattdessen darum kümmern, weiter die Effizienz zu steigern und marktfähige Innovationen zu kreieren. Andere werden anders denken. "Aber ich habe noch nie an Schnäppchenkäufe geglaubt und werde das auch in Zukunft nicht tun", so Huber. 

Pierre Pfeiffer

Marktzahlen

 

Ausstoßentwicklung 1. Halbjahr 2020, Marke Veltins

Fass                 90.370      hl -61,2 %

Flasche            943.540    hl +10,1 %

Dose                81.440      hl -5,3 %

Übrige Sorten   47.990      hl -23,9 %

Fassbrause      28.540      hl +37,9 %

Quelle: Interne Statistik

Gebinde-Entwicklung im Handel in der Lockdown-Phase Phase
Gewinner

Dose 0,5 Liter: +12,6 %

20 x 0,5 Liter Kasten: +8,6%

6 x 0,33 Liter: +4,6%

EW-PET 0,5 Liter: + 2,2

Verlierer

11 x 0,5 Liter Kasten: -4,9%

Einzelflasche 0,5 Liter: -4,7 %

24 x 0,33 Liter Kasten: -3,2%

Quelle: Nielsen (2020); LEH+GAM

Sortenentwicklung im Handel zur Lockdown-Phase

Gewinner

Hell: +17,5%

Biermix: +14,3%

Weizen. +7,6%

Alkoholfreie Biere +6,2%

Kölsch: +5,3%

Spezialitäten: 5,2%

Pils: +2,4%

Verlierer

Schwarz- Dunkelbier: -2,8%

Altbier: -0,5%

Export: -0,4%

Quelle: Nielsen (2020); LEH+GAM

Fassbieranteil Top-Premiummarken 2019

König Pilsener: 32%

Bitburger: 20%

Veltins: 17%

Warsteiner 16%

Krombacher 12%

Radeberger: 12%

Jever: 10%

Beck's: 4%

Quelle: Inside (2020)

 

Schlagworte

GZ 08/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Mineral- und Tafelwasserverordnung

Der Entwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Neufassung der Mineral- und Tafelwasserverordnung könnte zu Verwerfungen im gesamten Mineralwassermarkt führen. Verbände fordern daher dringend Nachbesserungen.

Aktuelles Interview: Jürgen Reichle, VDM

Jürgen Reichle, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Mineralbrunnen, sieht beim vorgelegten Entwurf für die Mineral- und Tafelwasserverodnung Verbesserungsbedarf in mehreren Punkten. Der nächste Schritt sei eine intensive Dialogphase mit Bund und Ländern.

Gastkommentar: Thomas Fischer, DUH

Thomas Fischer, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, hält die in der PPWR festgelegt Mehrwegquote von vorerst 10 Prozent für deutlich zu niedrig angesetzt. Ein erhoffter Rückenwind für Mehrweg werde so ausbleiben sagt er und fordert deshalb nationale Maßnahmen zum Mehrwegschutz.