Immer mehr Bierbegeisterte stellen sich zu Hause an den Kessel und kochen  ihr eigenes Süppchen. (Illustration: Katja Schiller)
Immer mehr Bierbegeisterte stellen sich zu Hause an den Kessel und kochen ihr eigenes Süppchen. (Illustration: Katja Schiller)

Brew it yourself! (5)

Im fünften Teil unserer Heimbrauserie biegen wir auf die Zielgeraden ein: Während die Bierwürze dank der Hefe langsam aber sicher zum Jungbier wird, musst du dich abermals in Geduld üben. Abwarten und Biertrinken, so lautet nun die Devise. Denn irgendwoher muss das Leergut ja kommen, das du mit deinem Selbstgebrauten wieder befüllen möchtest.

Text: Ferdinand Laudage

Teil 5: Gärungverlauf & Vorbereiten der Flaschen

Na? Blubbert’s schon im Röhrchen? Nach 12 bis 24 Stunden sollte die Gärung begonnen haben. Der Brauprofi spricht vom Ankommen der Hefe. Und wieder ist deine Geduld gefragt, denn die Gärung kann manchmal bis zu zwei Wochen andauern, je nach Sorte der Hefe und Umgebungstemperatur. Je wärmer es die Hefe hat, desto schneller vergärt die Bierwürze. Aber Vorsicht: Schlag dir die Idee, den Bottich vor einer Heizung zu platzieren, direkt wieder aus dem Kopf.

Auf die Temperatur kommt’s an

Höhere Gärtemperaturen, etwa 24°C und mehr, sorgen für geschmacksbeeinflussende Gärnebenprodukte. Dann entstehen zum Beispiel Esterverbindungen, deren Aromen an exotische Früchte erinnern. Ein bekanntes Beispiel ist Isoamylacetat, das in Weizenbieren oft sehr präsent ist und von uns als Duft von vollreifen Bananen wahrgenommen wird. Es können mit der Wärme aber auch Aromen entstehen, die als negativ wahrgenommen werden und dein Selbstgebrautes unrund wirken lassen.  

Darum ist es sinnvoll, die Gärung nicht zu beschleunigen und einen Gärort zu wählen, an dem die Umgebungstemperatur gleichbleibend bei etwa 20°C liegt. Bei mir stehen die Bottiche zum Beispiel im Esszimmer. Da stört mich auch das Geblubber nicht, weil ich dort eher selten zugegen bin. Ich hörte aber auch schon von Brauschülern, die ihre Gärbehälter ins Schlafzimmer stellen, weil ihnen das montone Blubbern beim Einschlafen hilft.

Wichtig ist: Gib der Hefe für die Gärung die Zeit, die sie verdient hat. Sie wird es dir mit einem wohlschmeckenden Endprodukt zurückzahlen.

Und in der Zwischenzeit?

Für frischgebackene Heimbrauer gleicht sie einer Zerreißprobe: Die Phase, in der man sich herbeisehnt, dass es endlich aufhört zu blubbern. Dass die Gärung endet, damit man das eigene Jungbier probieren kann. Und man ärgert sich, dass man nur einen Gärbottich bestellt hat und keinen weiteren zur Hand hat, weil man doch sonst am nächsten Wochenende schon wieder brauen könnte. Da hilft nur eins: Nachordern!

Nutze die Zeit doch einfach dafür dich fortzubilden. Das Hobbybrauerforum ist eine hervorragende Quelle im Internet für alle weiterführenden Fragen. Außerdem gibt’s noch eine Menge guter Bücher, mit denen du dir die Wartezeit verkürzen kannst.

Im Gärbottich spielt sich indes folgendes Bild ab: Langsam bilden sich kleine Schauminseln, die irgendwann zu einer großen schaumigen Oberfläche zusammenwachsen. Diesen Hefeteppich nennt man auch Kräusen. Schau ruhig alle 2 Tage mal nach, was deine Gärung macht. Wenn sich die Gärphase dem Ende zuneigt, haben sich die Schauminseln großenteils komplett zurückgebildet. Auch die Kohlensäureentwicklung lässt nach. Das Gärröhrchen blubbert nicht mehr. Es ist Zeit, den Restextrakt zu messen und herauszufinden, ob du schon abfüllen kannst.

Brauen erfordert Geduld: Das Warten lässt sich mit Brauliteratur versüßen. (Illustration: Katja Schiller)
Brauen erfordert Geduld: Das Warten lässt sich mit Brauliteratur versüßen. (Illustration: Katja Schiller)
Den Restextrakt messen

Wenn du vermutest, die Gärung könnte beendet sein, dann musst du erneut eine Spindelprobe nehmen. Der sogenannte Restextrakt, den du nun misst, ist neben der Stammwürze der zweite wichtige Wert zur Berechnung des Alkoholgehalts.

Dieser Spindelwert zeigt an, wie viel Zucker noch im fertig vergorenen Jungbier zurückgeblieben ist. Es ist der unvergärbare Zucker, der während der Kombirast entstanden ist. Der vergärbare Zucker ist derweil vollends zu Alkohol verstoffwechselt worden.

Der Wert des Restextrakts dürfte zwischen 2 und 5 °Plato liegen. Notiere dir den Wert und wiederhole die Messung an den beiden Folgetagen. Nimm bitte immer wieder eine neue Probe. Die alte Probe kannst du nach dem Messen wegschütten oder einfach verkosten. Es handelt sich schließlich schon um Bier – dein erstes eigenes Craftbier.

Wenn sich der Messwert 3 Tage in Folge nicht ändert, ist die Gärung durch. Erst dann sollte dein Bier den Weg in die Flaschen finden. Bitte fülle dein Jungbier nicht zu früh ab. Falls die Gärung noch nicht beendet ist, wirst du dir böse Flaschenbomben basteln.

Da du jetzt einen Wert für den Restextrakt hast, kannst du nun den finalen Alkoholgehalt deines Bieres berechnen. Hier eine komplizierte Formel abzudrucken, damit du alles umständlich im Kopf berechnen kannst, sparen wir uns. Es gibt zwar eine Faustregel, die ist aber ziemlich ungenau: (Stammwürze − Restextrakt)/2. Besser sind die Tools im Netz, die das viel schneller und genauer erledigen.

Die Flaschen fürs Abfüllen vorbereiten

Die zu befüllenden Halbliterbügelflaschen bekommst du als Neuware, aber zu teilweise horrenden Preisen, im Onlinehandel. Einfacher und günstiger wird’s, wenn du im Getränkemarkt Kisten mit vollen Bügelflaschen einkaufst und in den Wochen vor der Abfüllung aufopferungsvoll selbst für das Leergut sorgst. Irgendwann sollten die Flaschen natürlich wieder ihren Rückweg in den Pfandkreislauf antreten. Sie sind ja schließlich nur ausgeliehen.

Denke daran, dass du auf jeden Fall braune Flaschen für dein Bier verwendest. Diese schützen den Hopfen in deinem Bier besser vor direkter und längerer Sonneneinstrahlung als Grün- oder Klarglasflaschen. Wenn der Hopfen zu viel Licht und Wärme abbekommt, entwickelt sich im Bier der sogenannte Lichtgeschmack. Dein Selbstgebrautes wird dann zum Stinktier, es müffelt. Deshalb sind Braunglasflaschen die beste Wahl für dein Bier.

Bier direkt aus der Flasche trinken: ein No-Go!

Bist du auch ein „Flaschenkind“ und trinkst dein Bier am liebsten direkt aus der Pulle? Wenn du die Flasche wieder mit Selbstgebrautem befüllen möchtest, sollte damit ab sofort Schluss sein. Am und im Mund können sich fiese Bakterien befinden, die man später nur mit teuren Reinigern von der Flaschenöffnung entfernen kann. Wer keine Lust auf aufwendige Reinigungsvorgänge hat, schüttet sein Bier lieber ins Glas und spült die Flasche direkt im Anschluss ein- bis zweimal mit heißem Wasser durch.

Vor dem Abfüllen kannst du die sauberen Flaschen noch mit Wasserdampf keimfrei machen. Dazu eignet sich eine Spülmaschine mit Schnellspülprogramm. Stelle einfach die Flaschen kopfüber aufs Gestell und starte den Vorgang ohne Spülmaschinen-Tab. Keine gute Idee ist es, den Backofen zum Sterilisieren zu verwenden. Das Glas könnte bei zu hoher Hitze porös werden, und die Flaschen könnten später platzen.

Wenn du Bügelflaschen verwendest, solltest du die Verschlüsse und die Gummis, unter denen sich auch gerne mal Dreck versteckt, zunächst reinigen und dann mit kochendem Wasser übergießen.

Mit einem Trick zu mehr Kohlensäure

Ein Großteil an Kohlenstoffdioxid, das bei der Gärung entstanden ist, hat sich durch das Gärröhrchen verflüchtigt. Weil dein Pale Ale aber trotzdem spritzig und erfrischend daherkommen soll, musst du vor dem Abfüllen noch einmal nachhelfen: Und zwar mit handelsüblichen Haushaltszucker. Dieser wird in der geschlossenen Flasche während einer etwa einwöchigen Nachgärung von den wenigen, kaum sichtbaren Hefepartikeln im Jungbier verstoffwechselt. Das erzeugt nur noch wenig zusätzlichen Alkohol (knapp 0,5 % pro 0,5-Liter-Flasche), dafür aber das gewünschte Gärnebenprodukt Kohlensäure in ausreichender Menge. Hierbei spricht man Aufkarbonisieren.         

In vielen Online-Braubedarfshops findest du für kleines Geld eine Zucker-Dosierhilfe. Sie entpuppt sich jetzt als äußerst nützliches Werkzeug. Für eine ausreichende Menge Kohlensäure in Halbliterflaschen benötigst du exakt 3,75 g Haushaltszucker. Diese Menge mit deiner Küchenwaage genau auszuwiegen, ist schier unmöglich. Deswegen ist die Dosierhilfe mit den drei Schaufeln für unterschiedliche Flaschengrößen von unschätzbarem Wert. Nutze am besten noch einen Trichter dazu, dann geht es schnell und nichts daneben. Und nun kannst du auch endlich damit beginnen, dein Jungbier aus dem Gärbottich in die Flaschen umzufüllen.

Equipment für Hobbybrauer gibt’s hier:

www.my-bier.de
www.braupartner.de
www.ludwigs-sudhaus.de
www.candirect.de
www.hobbybrauerversand.de
www.brauen.de

Der Autor
Ferdinand Laudage, ist PR-Schaffender und diplomierter Biersommelier, seit 2013 braut er selbst. Die Einsteigerliteratur ließ er damals links liegen und versuchte sich als Autodidakt. Sein erlangtes Wissen rund ums Selberbrauen und Biergenießen vermittelt er seit 2015 in Seminaren und Verkostungen für die Bieragentur Dortmund. Im Juni 2017 erschien sein erstes Buch „Craft-Bier einfach selber brauen“ im Verlag Eugen Ulmer, später die Folgebände „Noch mehr Craft-Bier selber brauen“ und „50 Craft-Bier-Rezepte“.

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