Immer mehr Bierbegeisterte stellen sich zu Hause an den Kessel und kochen  ihr eigenes Süppchen. (Illustration: Katja Schiller)
Immer mehr Bierbegeisterte stellen sich zu Hause an den Kessel und kochen ihr eigenes Süppchen. (Illustration: Katja Schiller)

Brew it yourself! (1)

Der Craftbier-Boom brachte nicht nur neuen Schwung in die Braubranche, er machte auch das Hobbybrauen populär. Immer mehr Bierbegeisterte stellen sich zu Hause an den Kessel und kochen ihr eigenes Süppchen. Wie das genau funktioniert, zeigen wir in unserer Serie „Brew it yourself!“.

Text: Jan Brücklmeier

 

Teil 1: Rohstoffe & Equipment

In Deutschland darf jeder brauen. Solange das Bier für den eigenen Hausgebrauch ist, also nicht verkauft wird, braucht es nicht ein­mal irgendwelche Genehmigungen. Ein­zig Biersteuer wird fällig, aber nur für den, der mehr als 200 Liter braut. Die Steuer wird in Deutschland vom Zoll erhoben und da sich die zuständigen Hauptzollämter auf kein einheitliches Vorgehen einigen konnten, ist es am besten, sich auf der Homepage des Zolles das zuständige Zollamt zu suchen und sich hier vor dem Braubeginn zu erkundigen. Keine Sorge, die deutsche Biersteuer ist nicht sehr hoch. Und noch ein Punkt zum Thema Bier und Gesetze: Hobbybrauer, die ihr Bier nicht verkaufen, müssen sich auch bei den Zutaten nicht an gesetzliche Regelungen halten.

Auch wenn eine professionelle Brauerei von Innen etwas kompliziert aussieht, so ist der eigentliche Prozess doch recht einfach und hat sich seit Jahrhunderten nicht wesentlich verändert. In Kürze: Getreide wird zum Keimen gebracht und getrocknet. Das so entstandene Malz wird zerkleinert und mit Wasser gemischt. In dieser Maische wirken die im Malz enthaltenen Enzyme und bauen Malzbestandteile, vor allem in Zucker, ab. Nachdem die unlöslichen Malzbestandteile abgetrennt wurden, wird die so gewonnene Würze mit Hopfen gekocht und im Anschluss abgekühlt. Dann macht sich die Hefe ans Werk und verarbeitet den Zucker in Alkohol und Kohlendioxid. Nach der Lagerung kann das Bier getrunken werden. In Gasthausbrauereien geschieht das oft tatsächlich direkt aus dem Tank, sonst wird das fertige Bier entweder in Flaschen, Dosen oder Fässer abgefüllt.

Das Zubehör zum Brauen findet sich schnell

Im Prinzip lässt sich Bier mit Utensilien brauen, die sich in fast jeder Küche finden. Als sehr praktisch für den Einstieg haben sich elektrische Einkocher herausgestellt. Sie haben eine eingebaute Heizung, die sich einstellen lässt, und eine gute Größe. Die etwa 20 Liter Bier, die sich mit einem Einkocher auf einmal brauen lassen, können noch ohne weiteren technischen Aufwand wie Pumpen bewältigt werden und trotzdem lohnt sich der Einsatz von 6 bis 8 Stunden. Eine Liste jener Dinge, die sich als Grundausstattung bewährt haben, um etwa 20 Liter fertiges Bier zu brauen, haben wir zusammengestellt. Vieles kann problemlos im Baumarkt besorgt oder über Brauer-Shops bezogen werden.

Wasser, Malz, Hopfen, Hefe – die Auswahl ist riesig
Viele Dinge, die sich als Grundausstattung fürs Brauen daheim bewährt haben, können problemlos im Baumarkt oder über Brauer-Shops besorgt werden. (Illustration: Katja Schiller)
Viele Dinge, die sich als Grundausstattung fürs Brauen daheim bewährt haben, können problemlos im Baumarkt oder über Brauer-Shops besorgt werden. (Illustration: Katja Schiller)

Die Auswahl an verschiedenen Malzen ist riesig und die Herstellung im Prinzip immer gleich, nur die Prozessparameter unterscheiden sich. Ist kein spezielles Getreide angegeben, handelt es sich dabei um Gerste, die mit Wasser zum Quellen gebracht wird. Damit startet eine ganze Kaskade biochemischer Prozesse, die das Getreide zum Keimen benötigt. Eine wichtige Rolle spielen dabei Enzyme, die bereits im Korn vorhanden sind und nun aktiviert werden oder die erst jetzt im Korn gebildet werden. Die Keimung wird durch die Feuchte im Korn, die Temperatur und die Dauer gesteuert. Ist der gewünschte Keimgrad erreicht, wird der Prozess auf der sogenannten Darre unterbrochen. Durch die Lufttemperatur wird gegen Ende der Trocknung gesteuert, wie dunkel das Malz wird. Diese Malze können direkt zum Brauen verwendet oder zu Röst- und Karamellmalzen weiterverarbeitet werden. Basismalze liefern die Enzyme für die Umwandlung der Stärke, Röst- und Karamellmalze runden Geschmack und Farbe ab.

Zum Brauen verwendet werden Dolden, also die unbefruchteten weiblichen Blütenstände des Hopfens (lat. Humulus lupulus). Es gibt zwar Gegenden, in denen auch befruchtete Dolden Verwendung finden, nur enthalten diese weniger Bitterstoffe, auf die es dem Brauer ja ankommt. Je nach Witterung wird der Hopfen Ende August und im September geerntet und noch beim Hopfenpflanzer getrocknet. Dieser Rohhopfen kann im Grunde sofort in der Brauerei verwendet werden. Allerdings nehmen die getrockneten Dolden relativ viel Platz ein und sind nur begrenzt haltbar. Deshalb werden sie zu Pellets ge­presst. Professionelle Brauer verwenden auch Hopfenextrakte, bei denen der Hopfen zum Beispiel mit Kohlendioxid extrahiert wird. Wegen der klebrigen Konsistenz sind diese aber im Hobbybereich wenig verbreitet.

Der Brauer macht die Würze, die Hefe macht das Bier. Diese Brauer-Weisheit mag alt sein, aber sie gilt auch in der modernen, hoch technisierten Brauerei. Das Herstellen der Würze in kupfernen Kesseln mit viel Dampf wirkt zwar ziemlich spektakulär. Für viele Brauer ist es aber der langweiligste Teil, denn oft passiert das eigentlich Faszinierende versteckt im Gärbottich. Ganz grundlegend verarbeitet die Hefe den Zucker in der Würze zu Alkohol und Kohlendioxid. Dabei werden aus 2,0665 g Extrakt genau 1 g Alkohol und 0,9565 g CO2 und außerdem vermehrt sich die Hefe. Beim Hefestoffwechsel entstehen aber auch noch eine ganze Menge Nebenprodukte, von denen einige unerwünscht sind, weil sie Geschmacksfehler verursachen, während andere das typische Bieraroma erzeugen. Was wäre zum Beispiel ein bayerisches Weißbier ohne die typischen Hefearomen?

Weltweit sind einige Tausend Hefen bekannt, von denen aber für das Bierbrauen nur wenige Hundert interessant sind. Neben wenigen Ausnahmen handelt es sich dabei um Saccharomyces pastorianus (untergärige Hefe) und Saccharomyces cerevisiae (obergärige Hefe).

Die Trivialnamen beziehen sich auf das Verhalten der Hefe während der Gärung. Die obergärige bildet sogenannte Sprossverbände, an denen sich das Kohlendioxid anlagern kann. Dadurch treibt die Hefe an die Oberfläche. Die untergärige dagegen bleibt Einzelgängerin und viel weniger Kohlendioxid kann sich an die Zellen anlagern. Ergo sinkt die Hefe schneller ab. Während es der untergärigen nichts ausmacht, wenn es kälter wird (8 bis 12 Grad), verweigert die obergärige bei solchen Temperaturen die Arbeit. Die Gärung verläuft dann auch stürmischer, aber produziert mehr Nebenprodukte. Hobbybrauer können aus Hefestämmen mit unterschiedlichen Geschmacksprofilen wählen, die entweder als lagerfähige Trockenhefen oder als Flüssigkultur verfügbar sind.

 

Equipment für Hobbybrauer gibt’s hier:

www.my-bier.de
www.braupartner.de
www.ludwigs-sudhaus.de
www.candirect.de
www.hobbybrauerversand.de
www.brauen.de

Der Autor
Die eine Oma Bierverlegerin, die andere Wirtin, aufgewachsen in München zwischen Oktoberfest und Augustiner, wird Jan Brücklmeier das Thema Bier in die Wiege gelegt. Sein erstes Bier braut er 1989 in der elterlichen Küche. Nach seinem Studium in Weihenstephan nimmt er als diplomierter Getränketechnologe Abfüllanlagen auf der ganzen Welt in Betrieb. 2008 wechselt er die Seiten und kümmert sich seitdem um die Anwendung modernster Abfülltechnik. 2018 erschien sein Buch Bier brauen im Ulmer Verlag. Brücklmeier lebt in den USA.

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