Der Deutsche Brauer-Bund sieht die EU nach der Klarstellung und dem Bekenntnis zum deutschen Mehrwegsystem auf dem richtigen Weg. (Foto: bierwirm - stock.adobe.com)
Der Deutsche Brauer-Bund sieht die EU nach der Klarstellung und dem Bekenntnis zum deutschen Mehrwegsystem auf dem richtigen Weg. (Foto: bierwirm - stock.adobe.com)

EU-Kommission bekennt sich zum deutschen Mehrwegsystem

In der Diskussion um Auswirkungen der geplanten EU-Verpackungsverordnung (PPWR) auf bestehende Mehrwegsysteme im Getränkebereich hat sich die EU-Kommission mit einer Klarstellung zu Wort gemeldet. 

In einer Pressemitteilung heißt es, es „entspricht nicht den Fakten“, dass bestehende Mehrweg-Bierflaschen wegen der geplanten Reform künftig nicht mehr verwendet werden dürften.

Ein Streitpunkt ist die Frage der künftigen Kennzeichnung von Flaschen. Wie die Kommission erläutert, soll künftig jede Verpackung gekennzeichnet sein – mit einer Information, „woraus die Verpackung besteht und in welchen Abfallbehälter sie gehört“. „Diese Information muss dauerhaft angebracht sein. Ablösbare Papier-Etiketten, die im deutschen Flaschenpfandsystem üblich sind, können diese Bedingung erfüllen“, heißt es nun in der aktuellen Stellungnahme der Kommission vom 1. Juni. Das Problem: Im Entwurf für die neue Verpackungsverordnung hatte die Kommission in Artikel 11 jedoch festgeschrieben, die Kennzeichnung müsse so „dauerhaft“ angebracht werden, dass sie „die Nachverfolgung der Verpackung sowie die Berechnung von Umläufen und Kreislaufdurchgängen erleichtert“. Dies aber wäre faktisch nur möglich, wenn alle Flaschen direkt markiert werden.

>> Lesen Sie hier: Deutsches Mehrwegsystem in Gefahr

Darauf hin hatte der Deutsche Brauer-Bund (DBB)  gemeinsam mit anderen Verbänden darauf hingewiesen, dass die bestehenden Mehrwegpfandflaschen dies nicht leisten können. Denn Informationen auf dem Etikett verschwinden, sobald mit jedem neuen Umlauf ein neues Etikett aufgebracht wird. Damit bleibe nach Ansicht des DBB die Frage weiter offen, wie das umweltfreundliche Mehrwegsystem der deutschen Brauwirtschaft künftig die Vorgaben der EU erfüllen soll. Am größten und ältesten Mehrwegsystem Europas beteiligen sich nach Angaben des DBB allein in der Bierbranche bis zu 1.500 deutsche Brauereien, die mehr als drei Milliarden Mehrwegpfandflaschen gemeinschaftlich nutzen.

Wichtige Klarstellung mit Blick auf Mehrwegbierkästen

Laut Brauer-Bund habe die EU-Kommission indes aber eine wichtige Klarstellung mit Blick auf die Mehrwegbierkästen vorgenommen, die ebenfalls im Fokus stehen. Der DBB und weitere Verbände hatten zuvor die Sorge geäußert, dass neben Milliarden von Pfandflaschen zwangsläufig auch Millionen Bierkästen aussortiert werden müssten, weil die Kommission den „Leerraumanteil“ begrenzen will, also die Luft in Transportverpackungen. In Artikel 21 des Entwurfs hatte die Kommission gefordert, „Wirtschaftsakteure, die Produkte an Endvertreiber oder Endabnehmer in Umverpackungen, Transportverpackungen oder Verpackungen für den elektronischen Handel liefern, müssen sicherstellen, dass das Leerraumverhältnis höchstens 40 Prozent beträgt“. Nun erklärt sich die Kommission bereit, in der Verordnung klarzustellen, „Transportverpackungen in bestehenden Mehrwegsystemen, wie zum Beispiel Bierkästen, von dieser Regel auszunehmen“.

Fazit der EU-Kommission: „Das Pfandsystem in Deutschland ist ein Erfolg. Die Kommission ermuntert auch andere Mitgliedstaaten und Wirtschaftszweige, solche Systeme einzuführen.“ 

Entscheidende Fragen noch nicht geklärt

Für den Deutschen Brauer-Bund eine gute Nachricht, aber immer noch nicht genug. Der Deutsche Brauer-Bund begrüße die Klarstellungen der EU-Kommission, "sieht aber weiterhin eine Vielzahl ungelöster Fragen". „Die Stärkung von Mehrwegsystemen gerade auch im Bereich der Getränkewirtschaft ist Ziel der geplanten EU-Verordnung, deshalb dürfen seit Jahrzehnten erfolgreich funktionierende Modelle durch die Regelungen nicht in ihrer Existenz gefährdet werden“, betont DBB-Hauptgeschäftsführer Holger Eichele. Entscheidende Fragen wie die Rücknahmepflicht für Mehrwegverpackungen oder die geforderte Verwaltungsbürokratie für Pfandgesellschaften seien bislang offen. 

Grundsätzlich unterstütze der Brauer-Bund den Ansatz der EU, Mehrweg zu stärken, den Ressourcenverbrauch zu senken und das Recycling von Verpackungen verbindlich vorzuschreiben. In Deutschland gebe es eine Vielzahl unterschiedlicher, aber erfolgreicher Mehrwegsysteme – von den offenen Flaschenpools der Brauereien bis hin zum geschlossenen Pool der Genossenschaft Deutscher Brunnen. „Diese Mehrwegsysteme haben sich bewährt. Die Mehrwegquoten in Deutschland liegen seit Jahrzehnten weit oberhalb der von der EU für 2040 vorgesehenen Ziele“, so Eichele. „Wir laden die verantwortlichen EU-Politiker ein, sich vor Ort in unseren Brauereien und im Handel ein Bild davon zu machen, wie das Mehrwegsystem in Deutschland funktioniert und von den Verbrauchern genutzt wird. Auf dieser Basis können sie einschätzen, welche Präzisierungen im gegenwärtigen Entwurf noch nötig sind, um bewährte Mehrwegsysteme angemessen zu berücksichtigen.“ //gz

GZ 07/24

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