Mit einem geplanten Investitionsvolumen von rund 16 Millionen Euro hat das zur Radeberger Gruppe gehörende Allgäuer Brauhaus seine Braustätte in Marktoberdorf um eine zweite Flaschenabfüllanlage erweitert sowie einen Hallenneubau im Zeit- und Kostenplan errichtet. Zudem hat sich die Radeberger-Tochter erfolgreich gegen die historischen Verluste im Biermarkt gestemmt.
Somit habe die Traditionsbrauerei eigenen Angaben zufolge eine weitere wesentliche Weiche gestellt, um ihre Biere selbst bei Nachfragespitzen durchgängig liefern zu können. Vor allem die erfolgreiche Entwicklung der Allgäuer Büble Biere sei ursächlich für das Großprojekt: In den vergangenen Jahren hatte die Bügelspezialität laut Brauerei stets prozentual "zweistellige Zuwächse" in einem tendenziell rückläufigen Biermarkt verzeichnet. 17 verschiedene Biere bietet die Traditionsbrauerei inzwischen in den wieder gefragten Bügelverschluss-Flaschen an.
„Mit unserer zweiten Abfüllanlage haben wir mehr Kapazität und Flexibilität gewonnen“, erklärt Betriebsleiter Thomas Wieczorek beim Rundgang mit dem Aufsichtsrat Guido Mockel, der gleichzeitig für die Geschäftsführung der Radeberger Gruppe spricht. Mockel machte sich im Marktoberdorf selbst ein Bild vom erfolgreichen Abschluss des Großprojekts. Diese bringe mit einer Kapazität von 24.000 Flaschen pro Stunde erhebliche Entlastung für die bisher – und auch weiterhin – genutzte erste Abfülllinie, die mit maximal 28.000 Flaschen pro Stunde dauerhaft an der Kapazitätsgrenze laufe, heißt es nach Angaben der Brauerei.
Außerhalb des eigenen Verantwortungsbereich erlebt das Allgäuer Brauhaus nach eigenem Bekunden – wie die gesamte Brauwirtschaft – deutlich verschärfte Rahmenbedingungen. „Die Lieferketten sind zum Zerreißen gespannt“, sagt Guido Mockel. „So ist inzwischen vieles knapp, ob Leergutrückläufe aus dem Mehrwegkreislauf, LKW-Fahrer oder Frachtraumkapazitäten. Eine Situation, die unser Allgäuer Brauhaus frühzeitig erkannt und auf die es sich mit einer mutigen Investition in seine Lieferfähigkeit aufgestellt hat.“
Mit einem Absatzplus von 5,9 Prozent im Geschäftsjahr 2020 gegenüber Vorjahr habe sich das Allgäuer Brauhaus eigenen Angaben zufolge deutlich "besser als der Markt" entwickelt. Zum Vergleich: Die deutschen Brauer erlitten einen historischen Einbruch von 5,9 Prozent auf rund 72 Millionen Hektoliter beim Inlandsabsatz beziehungsweise 87 Millionen Hektoliter einschließlich Export.
„Das laufende Jahr wird keine Wende bringen, im Gegenteil: Per Oktober 2021 gab der Inlandsabsatz um weitere 5,3 Prozent laut Statistischem Bundesamt nach. Das Dramatische ist: Der Vergleich bezieht sich auf bereits durch die Corona-Krise gebeutelte Vorjahr“, so Brauhaus Vorstand Heinz Christ. „Auch die für einige Marktteilnehmer existenzbedrohenden Auswirkungen und schwindende Liquidität durch die wuchtige vierte Welle sind darin noch gar nicht berücksichtigt.“
Im Blick habe der Vorstand dabei nicht nur die Brauereien selbst, sondern insbesondere deren Zulieferer sowie Absatzpartner, die vom geselligen Miteinander leben – ob Vereine, Veranstalter oder Gastgeber.
Und nicht nur das: Neben der deutlich angespannten Marktlage sieht sich die Brauwirtschaft zahlreichen weiteren Herausforderungen konfrontiert wie gestörten Lieferketten, zu geringen Frachtraumkapazitäten, wachsendem Leergutmangel bei Mehrwegflaschen und -kästen wegen der Nachfrageverschiebungen vom Außer-Haus- zum Heimkonsum sowie massiven Kostensteigerungen bei Rohstoffen, Energie, Verpackungen, Logistik und Tarifen.
Heinz Christ: „Schon im vergangenen Jahr haben wir im Allgäuer Brauhaus einen Umsatzrückgang von sieben Prozent verzeichnet, beim Ergebnis fiel das Minus mit 24 Prozent noch deutlicher aus. Um uns für die anhaltende Durststrecke zu wappnen und wirtschaftlichen Risken gut gerüstet zu begegnen, werden wir den Jahresüberschuss 2020 von rund 427.000 Euro in die Rücklagen einstellen."
Dennoch lasse die Traditionsbrauerei nach eigenem Bekunden keinen Zweifel daran, dass sie ihre gewachsenen Partnerschaften zu Allgäuer Gastronomen und Veranstaltern fortsetzen und punktuell sogar ausbauen werde – trotz ihres pandemiebedingten Fassbiereinbruchs von minus 46,3 Prozent im Geschäftsjahr 2020.
Heinz Christ: „Mit nachhaltig beliebten Bieren sind wir ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und natürlich auch Arbeitgeber in unserer Heimatregion. Umso wichtiger ist es, dass wir nah bei den Menschen bleiben – sowohl bei unseren Beschäftigten, die sich vielfach mit hohem Einsatz gegen die Pandemie stemmen, als auch bei unseren Kunden und den Konsumenten unserer Marken.“ //pip