In der Chinarinde liegt das Geheimnis für das erfrischend-bittere Tonic Water (Foto: Tim Chow/stock.adobe.com)
In der Chinarinde liegt das Geheimnis für das erfrischend-bittere Tonic Water (Foto: Tim Chow/stock.adobe.com)

Chinin – der Stoff, aus dem Tonic-Träume sind

Ob im Gin, Wermut, Portwein oder neuerdings im Espresso, nichts geht mehr ohne Tonic Water. In den letzten Jahren sind unzählige neue Marken hinzugekommen und buhlen um die Gunst der Bartender und Endkonsumenten. Aber wo liegt eigentlich der Ursprung dieses Hype-Getränks? Und was macht seinen unverwechselbaren Charakter aus?

Text: Peter Jauch

Chinin ist die bittere Substanz, die das Tonic Water zu dem macht, was es ist – eine Bitterlimonade. Die Rinde stammt von den Baumarten Cinchona pubescens oder Cinchona succirubra, sie gehören zur Pflanzengattung der Chinarindenbäume und damit zur Familie der Rötegewächse. Einige wenige Hersteller arbeiten heute noch mit der eigentlichen Rinde, während die meisten Tonic Water aus synthetischem Chinin hergestellt werden.

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Ein Ausflug in die Geschichte des Chinins bringt uns auf die Spur von Erfindern und Tüftlern. Es dauerte zwei Forscher-Generationen, bis die Synthese des Chinins vollständig entschlüsselt wurde. Im Jahr 1944 gelang den amerikanischen Chemikern Robert Woodward und William Doering ein erster komplexer chemischer Vorgang. Woodward erhielt später 1965 den Nobelpreis für Chemie, er galt auf dem Gebiet der synthetischen organischen Chemie als herausragendster Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts. Die Struktur des Chinins ist komplex, es finden sich „rechtsdrehende“ oder „linksdrehende“ Atome in der Anordnung: identisch, aber in spiegelverkehrten Molekülstrukturen. Es dauerte bis ins Jahr 2001, bis Gilbert Stork zusammen mit seinen Mitarbeitern die komplette Synthese gelang.

Die Chininrinde hat eine interessante Geschichte, die laut einer Legende im Jahr 1638 begann, nämlich mit der Gräfin Chinchon, deren Gatte Stellvertreter des Königs von Peru war. Sie erkrankte an Malaria und alle herkömmlichen Behandlungen des Leibarztes ließen das Fieber nicht sinken. Bis eine Häuptlingstochter die Gräfin mit einem Sud aus der Rinde des Chinin-Baums heilen konnte. Für diese oft erzählte Geschichte gibt es keinen Nachweis. Dass der Baum ihren Namen trägt, lässt aber vermuten, dass es so ähnlich passiert sein könnte.

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Darüber, wie das Chinin in Europa Einzug hielt, werden zwei Geschichten erzählt: Eine Legende besagt, dass die Gräfin wenige Jahre später mit Chinin im Gepäck nach Europa zurückkam. Die Rezeptur, die sie vor dem Tode gerettet hatte, wurde daraufhin in allen Ländern gegen Malaria eingesetzt. Einer anderen Überlieferung nach brachte der Missionar Barnabas Cobo (1582–1657) das Chinin nach Madrid. Von dort trug Jesuitenkardinal Juan de Lugo (1583–1660) das Chininpulver weiter nach Rom, was dazu führte, dass die Jesuiten allein für den Vertrieb der Chininrinde zuständig waren. Darüber entbrannte bald ein Streit, denn viele Ärzte protestierten gegen diese Monopolstellung.

Sicher ist, dass Chinin als Malaria-Prophylaxe diente. Der Absatz der Rinde war enorm. Sie wurde so stark genutzt, dass sie zeitweise sogar teurer gehandelt wurde als Gold. 1808 schrieb Alexander von Humboldt während seiner Südamerika-Reise über die besondere Qualität der Chinin-Rinde, die aus dem Städtchen Loja in Ecuador stammte.

fizzz 04/2024

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