Auch die Hilfsbereitschaft in der deutschen Getränkewirtschaft gegenüber der Ukraine ist groß. (Foto: Adobe Stock)
Auch die Hilfsbereitschaft in der deutschen Getränkewirtschaft gegenüber der Ukraine ist groß. (Foto: Adobe Stock)

Große Solidarität mit der Ukraine

Der russische Angriffskrieg auf das "eigene Brudervolk, der Ukraine, löst eine überwältigende Hilfsbereitschaft in der Getränkebranche aus. Ein Stimmungsbild.

Als Anlaufstelle für die Hilfe von ukrainischen Brauereien gilt dieser Tage der Deutsche Brauer-Bund (DBB), der einen Aufruf an seine Mitglieder gestartet hat. Dringend benötigt zur Versorgung der Bevölkerung werde zum einen Trinkwasser, abgefüllt in Flaschen oder Dosen. Zur Aufrechterhaltung der Versorgung sei es jedoch auch entscheidend, dass Brunnen und andere Abfüller weiterarbeiten können. In der Ukraine werden Getränke größtenteils in Plastik- bzw. PET-Flaschen abgefüllt. Durch die verheerenden russischen Angriffe auf die Stadt Kharkiv im Osten der Ukraine sei die Produktion im landesweit größten Werk für PET-Flaschen nun vollends zum Erliegen gekommen, berichtet DBB-Ansprechpartner Volodymyr Gomivka von der Brauerei Opillia, die auch Wasser fördert: „Wir brauchen in der Ukraine dringend PET-Rohlinge, um weiter Wasser abfüllen zu können. In Kriegszeiten ist kaum etwas wichtiger als Wasser.“ Neben PET-Preforms für Wasser (Spezifikation: 27-28 g, PCO 1881, Lowneck) werden auch Verschlüsse gebraucht, heißt es. Außerdem weise das Netzwerk ukrainischer Brauereien gegenüber dem DBB darauf hin, dass dringend auch Schutzausrüstung für Belegschaften und Zivilverteidigung benötigt werde, vor allem Splitterschutzwesten und Helme. Unternehmen, die Hilfe leisten können zur Aufrechterhaltung der Wasserversorgung in der Ukraine, können sich direkt an Herrn Volodymyr Gomivka wenden (Mail: vgomivka(at)opillia.com).

Deutsche Brauereien exportieren mit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine quasi kein Bier mehr nach Russland. Die Ausfuhren seien "nahezu flächendeckend zum Erliegen gekommen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele gegenüber dem Manager  Magazin. 2021 seien rund zwei Millionen Hektoliter alkoholhaltiges Bier nach Russland geliefert worden, was 12,7 Prozent des gesamten deutschen Exports entspreche. Russland sei damit der größte Drittlandsmarkt außerhalb der EU und der zweitgrößte Absatzmarkt insgesamt nach Italien, sagt Eichele.

Seitens der Hersteller engagieren sich vor allem international agierende Großbrauereien wie AB InBev enorm. Viele haben in der Ukraine (aber auch in Russland) Produktionsstätten und fühlen sich dem Kriegsland verbunden. Pressesprecher Fried-Heye Allers sagt: "Wir füllen derzeit eine halbe Million Mineralwasserdosen in Leuven, Belgien, ab. Wir werden die Dosen vermutlich bis Ende der Woche, wenn alles nach Plan geht, als Soforthilfe und zusammen mit weiteren Hilfsgütern an Grenzkontrollstellen in Polen und Moldawien bringen." Jason Warner, Zone President AB InBev Europe: "Wir stehen in engem Kontakt mit unseren 1800 ukrainischen Kollegen und tun alles in unserer Macht Stehende, um sie und ihre Familien zu unterstützen und ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen so gut wie möglich zu gewährleisten. Wir wissen von unseren Kolleginnen und Kollegen, dass die Situation an der Grenze extrem herausfordernd ist, und wir wollen helfen, wo wir können." Das Joint-Venture AB InBev-Efes ist nach Angaben der weltgrößten Braugruppe sowohl in Russland als auch in der Ukraine mit 14 Brauereien, drei Mälzereien und lokalen Hauptquartieren vertreten und beschäftigt in beiden Ländern 5370 Mitarbeiter – rund 1800 in der Ukraine. Dort ist das Unternehmen mit drei Brauereien, verschiedene Servicecenter und weitere Einrichtungen vertreten. 

Auch die internationale Carlsberg Gruppe bietet der Ukraine Unterstützung und Hilfe an und bekundet, neue Investitionen in Russland sowie Exporte von anderen Unternehmen der Carlsberg Gruppe an die Baltika Brauereien in Russland sofort einzustellen. Man werde alle geltenden Sanktionen respektieren und die Situation in Verbindung mit den eigenen Geschäften in Russland weiterhin genau überprüfen.Wie es von Unternehmensseite weiter heißt, sei man "zutiefst schockiert über die schrecklichen Ereignisse in der Ukraine". Millionen von Menschenleben seien betroffen, und man verurteile die Gewalttaten und Aggressionen, die man miterlebe, aufs Schärfste. "Unsere oberste Priorität gilt nach wie vor unseren 1.300 Mitarbeitern in der Ukraine. Wir haben bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen zu gewährleisten und die Menschen in der Ukraine zu unterstützen. Darüber hinaus werden die Carlsberg Gruppe, die Carlsberg-Stiftung und die Tuborg-Stiftung 75 Millionen Dänische Kronen (10 Millionen Euro) für die Hilfsmaßnahmen in der Ukraine spenden", sagt Cees 't Hart CEO, Carlsberg Gruppe.

Nicht einfach ist es für Unternehmen, die russische Spezialitäten im Markenportfolio haben oder Produkte, mit russisch klingenden Namen. Das Hamburger Unternehmen Borco-Marken-Import verbinde nach eigenen Aussagen eine "langjährige interkulturelle Partnerschaft" mit seinem russischen Partner Roust, die von gemeinsamen Werten geprägt sei. Borco und Roust distanzieren sich von dem politischen Geschehen, heißt es unisono. „Es sind dunkle Stunden für Europa, die sehr schwer wiegen und uns sehr nahe gehen. Unsere Branche lebt von der Gemeinschaftlichkeit und der Freude am lebendigen Austausch zwischen Kulturen. Dass auf dem europäischen Kontinent Krieg herrscht, der unglaubliches Leid über Freunde und Familien von uns bringt, ist eine unerträgliche Situation. Als Importeur russischen Vodkas sind wir umso mehr von der Situation erschüttert und begegnen dem Geschehen mit Fassungslosigkeit. Gleichzeitig bin ich stolz auf die Borco-Familie, die zusammenhält und derzeit Hilfe für die Menschen in der Ukraine organisiert“, zeigt sich Markus Kohrs-Lichte, Borco-CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung, erschüttert über die Ereignisse in Osteuropa.

Völlig unberechtigt in Verruf ist die deutsche Wodka-Marke Gorbatschow (Henkell Freixenet) gekommen, seitdem der Russland-Ukraine-Konflikt ausgebrochen ist. Wie eine Unternehmenssprecherin mitteilt, sei man in letzter Zeit vermehrt darauf angesprochen worden, ob Wodka Gorbatschow ein russisches Produkt sei. "Dies ist nicht der Fall!", heißt es von Henkell Freixenet, zu der Deutschlands meistverkaufter Wodka gehört. Wodka Gorbatschow sei eine deutsche Marke, die 1921 in Berlin gegründet worden sei. Entsprechend kommuniziere man dies auch auf den Endverbraucher-Kanälen und über die Flaschen-Ausstattung. Wodka Gorbatschow werde seit jeher in Deutschland produziert und in Deutschland übrigens fast ausschließlich auch national vertrieben, bekräftigt das Unternehmen.

Auch der Handel engagiert sich

Auch den deutschen Lebensmitteleinzelhandel lässt den Angriffskrieg in der Ukraine alles andere als kalt. Konzerne wie die Rewe Gruppe oder die Edeka Gruppe setzen durch ihre Hilfsbereitschaft ein klares Signal der Solidarität gegenüber dem ukrainischen Volk. Rewe Group-Vorstandsvorsitzender Lionel Souque erklärte dazu: "Als Unternehmen organisieren wir gerade nicht nur mit unseren Auslandsgesellschaften in Österreich, Litauen, der Slowakei, Tschechien, Rumänien, Bulgarien, Italien, Kroatien und Ungarn Nothilfe und Lebensmittellieferungen für die vielen geflohenen Menschen, die in diesen Ländern und in Polen ankommen. Sondern wir engagieren uns auch hier in Köln, am Hauptsitz unserer Unternehmensgruppe. Wir helfen den geflohenen Menschen aus der Ukraine mit Spenden und dem persönlichen Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sind sehr froh mit dem Blau-Gelben Kreuz und dem 1. FC Köln dabei starke Partner zu haben."

An diesem Freitag brachte die Edeka Südwest zwei LKW, beladen mit insgesamt 46 Paletten Lebensmittel und Hygieneartikel, auf den Weg in Richtung Ukraine. Der Hilfstransport ist Teil einer bundesweiten Aktion von Edeka. Die von dem Unternehmen gespendeten Waren sollen an die örtliche Bevölkerung in der Ukraine sowie an Geflüchtete verteilt werden. Bereits am vergangenen Dienstag hat Edeka Südwest Hilfsgüter gespendet. Mit diesen wurden vier Busse beladen, die zuvor Heimkinder aus Kiew nach Freiburg im Breisgau gebracht hatten. „Die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine und die Situation der Menschen dort machen uns sehr betroffen“, erklärt Rainer Huber, Vorsitzender der Geschäftsführung Edeka Südwest, und ergänzt: „Deshalb engagiert sich unser Unternehmensverbund auf unterschiedlichen Ebenen.“ Zu Hilfsgüter-Lieferungen steht das Unternehmen mit nationalen Hilfsorganisationen und staatlichen Stellen im Austausch. Zahlreiche Kaufleute und Mitarbeitende des Edeka-Verbunds im Südwesten unterstützen die Betroffenen mit Geldspenden. Hierfür wurde eigens ein Spendenkonto eingerichtet. Auch auf lokaler Ebene haben viele Kaufleute Aktionen gestartet und sammeln Geld- oder Sachspenden.

Die Initiative Händler helfen Händlern, der Unternehmer Marcus Diekmann und Christian Weis von Business On präsentieren mit jobaidukraine.com eine kostenfreie Job-Plattform. Damit wird geflüchteten Menschen aus der Ukraine eine schnelle Perspektive in Deutschland geboten. 

In weniger als einer Woche seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine sind bereits mehr als eine Million Menschen geflohen. Davon geht das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR aus und rechnet bislang mit bis zu vier Millionen Geflüchteten.

Die Pro Bono Initiative Händler helfen Händlern hat sich daher dazu entschieden, eine zentrale Jobplattform für Menschen aus der Ukraine zu entwickeln und kostenfrei online zu stellen. "Es fehlen in Deutschland über eine Millionen Arbeitskräfte in Pflege, Landwirtschaft, Gastronomie und auch in der Digitalwirtschaft. Zeitgleich gelingt eine Integration von Flüchtenden nur dann, wenn wir den Menschen Jobs besorgen. Das ist sehr wichtig, darum haben wir uns dazu entschieden", erklärt Marcus Diekmann, Geschäftsführer IB Company bei Peek & Cloppenburg sowie Gesellschafter bei Rose Bikes, einer der Initiatoren, der dieses Projekt zusammen mit Christian Weis, Geschäftsführer bei Business-On, kräftig angeschoben hat. Erste Jobangebote sind schon online, mit BabyOne, Eismann und Bergfreunde haben schon weitere Unternehmen angekündigt, zeitnah Angebote einzustellen. "Alle Unternehmen, Händler, Hersteller, Gastronomen, landwirtschaftliche Betriebe, Pflege-Unternehmen etc. können auf unserer Plattform kostenlos Jobs einstellen und Menschen aus der Ukraine diese dort finden", so Marcus Diekmann weiter. //pip

GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.