Cem Özdemir möchte mit dem Werbeverbot ein Versprechen im Koalitionsvertrag einlösen (Foto: BMEL).
Cem Özdemir möchte mit dem Werbeverbot ein Versprechen im Koalitionsvertrag einlösen (Foto: BMEL).

Verbände kritisieren BMEL-Entwurf zum Werbeverbot

Sowohl der Lebensmittelverband Deutschland als auch der Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft ZAW üben scharfe Kritik am gestern vorgelegten Entwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Dieser sieht ein künftiges Verbot von an Kinder gerichteter Werbung für Lebensmittel mit zu viel Zucker, Salz oder Fett vor. 

Das Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat am vergangenen Montag ein im Koalitionsvertrag verankertes Vorhaben "zum Schutze der Gesundheit von Kindern" mit folgenden Entwurf eingelöst: Demnach soll in allen für Kinder relevanten Medien und in Außenwerbung künftig an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit zu viel Zucker, Salz oder Fett nicht mehr erlaubt sein, heißt es in entsprechender Pressemitteilung. Darunter falle auch nicht explizit an Kinder gerichtete Werbung, die "zwischen 6 und 23 Uhr betrieben" und damit bewusst in Kauf nehme, regelmäßig auch von Kindern wahrgenommen zu werden.

Lebensmittelwerbung habe laut Bundesminister Özdemir "einen nachhaltigen Einfluss auf das Ernährungsverhalten bei unter 14-Jährigen". Der übermäßige Verzehr von Lebensmitteln mit zu viel Zucker, Fett oder Salz trage demnach zur Entstehung von Übergewicht bei. Gerade im Kindesalter werde Ernährungsverhalten entscheidend für das weitere Leben geprägt, argumentiert Özdemir.

Verbände wehren sich

Der Lebensmittelverband Deutschland hat in entsprechender Gegenmitteilung den Vorwurfs Özdemirs, die Lebensmittelwirtschaft „verdiene ihr Geld damit, in dem sie die Gesundheit der Kinder ruiniere“ entrüstet zurückgewiesen. Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands, sieht darin eine Diffamierung einer ganzen Branche, die über fünf Millionen Erwerbstätige beschäftigt und täglich die Bevölkerung versorgt.

Daneben vertritt der Lebensmittelverband unter anderem die Ansicht, der Minister habe nicht schlüssig darlegen können, was denn für ihn überhaupt „an Kinder gerichtete Werbung“ darstelle und wie sich dieser Terminus genau definiere. Es sei für den Verband vielmehr der Eindruck entstanden, als plane Özdemir am Ende ein fast generelles Werbeverbot für Lebensmittel. Minhoff kritisiert: „Cem Özdemir scheint sich über die Tragweite seiner Eckpunkte noch gar nicht im Klaren zu sein. Wenn zwischen sechs Uhr morgens und 23 Uhr abends für Lebensmittel, die den völlig intransparent festgelegten WHO-Kriterien nicht entsprechen, nicht mehr geworben werden darf, betrifft das mehr als 70 Prozent der Produkte."

Auch Präsident des Zentralverbands der Deutschen Werbewirtschaft ZAW, Andreas F. Schubert, wirft dem BMEL in entsprechender Pressenantwort  unter anderem vor, am falschen Ende zu arbeiten: "Noch in der letzten Woche wurde gegenüber dem ZAW, Verbänden der Lebensmittelwirtschaft und der Werbeträger/Medien vom BMEL bestätigt, dass dem Ministerium keine Wirksamkeitsstudien vorliegen, die einen positiven Einfluss von Werbeverboten auf das Ernährungsverhalten und eine Verringerung der Übergewichtsrate von Kindern belegen." Nun sei man ungeachtet dessen "weit über den Koalitionsvertrag hinaus" gegangen. Jene "untaugliche Verbotspolitik" nehme in Kauf, "die Refinanzierung von Medien und Sport weitgehend zu beschädigen und den Wettbewerb, darin eingeschlossen den Markterfolg von Innovationen, auszuschalten.“ //red_cc

GZ 11/23

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