Foto: Renate Weber
Foto: Renate Weber

Lagenvergleich Sachsen und Saale-Unstrut

IM OSTEN VIEL NEUES

Die Weine der kleinen Anbaugebiete Sachsen und Saale-Unstrut sind außerhalb der Region kaum bekannt. Das meiste wird vor Ort getrunken. So bekommen gar nicht alle mit, wie spannend sich die Weine in den letzten Jahren entwickelt haben.

Text: Michael Hornickel

Sachsen und Saale-Unstrut sind nicht nur die östlichsten Anbaugebiete Deutschlands, sondern auch die nördlichsten. Sie erstrecken sich beide etwa auf den Breitengraden von Düsseldorf nach Dortmund. Dabei liegen die Saale-Unstrut-Rebflächen nördlicher als alle anderen Qualitätswein-Regionen in ganz Europa.


Saale-Unstrut, mit Freyburg als Zentrum, ist zudem das einzige nach zwei Flüssen benannte Anbaugebiet und mit 768 Hektar (in drei Bundesländern!) das größte unter den fünf kleinen deutschen Anbaugebieten. Die Weine gedeihen auf Muschelkalk- und Buntsandsteinböden, oft in beeindruckenden Terrassenweinbergen.

Sachsen ist mit insgesamt nur 502 Hektar (gemessen in 2014) das drittkleinste deutsche Anbaugebiet, es verteilt sich über 50 Kilometer entlang des Elbtales und bietet durch die verschiedenen Bodenarten hier eine Vielfalt an Weinen. Die bekanntesten Zentren sind hier Meissen und Radebeul.

Etwa 60 Rebsorten werden angebaut, doch in beiden Anbaugebieten ist der Müller-Thurgau immer noch Trumpf, wird aber nicht so gerne hergezeigt, wie die ihm folgenden Renommiersorten Riesling und Weißburgunder. An Saale-Unstrut ist noch der Silvaner von größerer Bedeutung, in Sachsen der Grauburgunder.

Wir haben für unsere Verkostung ein paar repräsentative Lagen ausgewählt, in denen zudem renommierte Winzer quasi Pionierarbeit leisteten und leisten: In Sachsen haben wir den Kapitelberg sowie den Radebeuler Steinrücken und Goldener Wagen ins Visier genommen. In Saale-Unstrut die Lagen Dachsberg und Edelacker.

MEISSNER KAPITELBERG

Der über 40 Hektar große Kapitelberg gehört zu den besten Lagen Sachsens. Spannend sind die lockeren Granit-Syenit-Verwitterungsböden bei geringem Feinerde- Anteil. Das ansonsten weingeologisch weniger geläufige Syenit ist ebenfalls ein Tiefengestein und im Vergleich zum Granit ärmer an Quarz. Viele Winzer sind hier tätig, am bekanntesten ist hierunter sicherlich Vincenz Richter, der den Kapitelberg zu seinem Thema gemacht hat.

RADEBEULER GOLDENER WAGEN

Radebeul gilt als die Wiege des sächsischen Weinbaus. Die örtliche Weinbergslandschaft steht unter Denkmalschutz und wer die spektakulären, mühselig zu bewirtschaftenden Terrassensteillagen einmal gesehen hat, wird das verstehen. Der Goldene Wagen liegt im Herzen dieser Schutzzone und wird von einigen der (insgesamt acht) örtlichen Winzerbetriebe und auch von den Winzern Meissen bewirtschaftet. Allein Schloss Wackerbarth verfügt über 4,5 Hektar, die bereits 1950 mit traditionellen Rebsorten bestockt wurden: Riesling sowie Traminer, Weißburgunder, Goldriesling und Blaufränkisch.

RADEBEULER STEINRÜCKEN

Sicherlich eine der meist fotografierten Lagen Sachsens. Der Steinrücken zieht sich oberhalb der schmucken Anlage von Schloss Wackerbarth dramatisch- malerisch steil hoch und ist dabei terrassiert. Von den 18 Hektar steinigen, mit Sand durchzogenen Verwitterungsböden bewirtschaftet Schloss Wackerbarth allein sechs, darunter vor allem Riesling, aber auch die hier nicht unbedeutenden Bukettsorten Traminer und Scheurebe.

KAATSCHENER DACHSBERG

Kaatschen an der Saale entwickelt sich zu einem schnuckeligen Weindorf. Der Dachsberg liegt vor allem nordwestlich des Dorfes, mehr oder weniger entlang des Flusses, aber nicht direkt dran. Ein kleiner Teil erhebt sich nördlich des Dorfes, eine weitere Parzelle etwas außerhalb in östlicher Richtung. Insgesamt kommt die Lage (oder besser: die Lagen) auf rund 12 Hektar mittel- bis flachgründige lehm- und tonhaltige Verwitterungsböden auf Keuper und Muschelkalk. Die Steigungen variieren zwischen 20 bis 45 Prozent.

FREYBURGER EDELACKER

Der Edelacker ist ebenfalls keine zusammenhängende Lage, sondern wird mehrfach unterbrochen von Ansiedlungen. Insgesamt addiert sich die Fläche auf rund 20 Hektar. Spektakulär ist die historische Terrassenlage am Ort, die bereits im Mittelalter angelegt wurde. Auf verwittertem Muschelkalk mit Löss und Buntsandstein in den unteren Bereichen gedeihen hier einige kräftige Weine, unter anderem die Großen Gewächse vom Weingut Pawis.

DIE VERKOSTUNG

Viele unserer Leser haben uns in den vergangenen Jahren schon oft gefragt, warum wir Verkostungen der beiden Anbaugebiete Sachsen und Saale-Unstrut immer zusammenlegen, auch wenn sich die Weine unterschiedlich präsentieren. Ganz einfach, weil uns aus diesen Anbaugebieten nie viele Weine eingereicht werden. So verkosteten wir auch dieses Mal nur insgesamt 38 Weine. Wir stellten fest, dass die Qualitäten stark schwankten. Manche Proben waren sogar etwas plump oder nicht klar gebaut. Aus diesem Grund konnten wir nur zwei Dutzend Empfehlungen berücksichtigen.

Besonders positiv überraschten uns die drei angestellten Rotweine. Sie waren alle sehr gut strukturiert und von einer gewissen Tiefe und sind zur deutschen Spitze zu zählen. Ein paar reifere Weine zeigten zudem das Potenzial, das in Deutschlands weinbaulichem Nordosten besteht. Überrascht hat uns auch das hohe Preisniveau. Das Angebot ist klein und die Nachfrage in der Region selbst so groß, dass kaum etwas „exportiert“ wird. Folglich sind die besten Weine von Elbe, Saale und Unstrut rar und teuer.

 

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